Mukoviszidose: Neue Ansätze in der Behandlung

Dr. Anne Benckendorff

Zwar bleibt Mukoviszidose die häufigste letale autosomal-rezessive Erbkrankheit, aber es gibt Fortschritte. Zwar bleibt Mukoviszidose die häufigste letale autosomal-rezessive Erbkrankheit, aber es gibt Fortschritte. © iStock/Steve Debenport

Auf Basis des besseren Verständnisses der molekularen Pathomechanismen wurden einige neue Ansätze zur Behandlung der Mukoviszidose entwickelt. Viele scheiterten, wenige schafften es bis zur Zulassung, weitere sind in der Erprobung. Unterm Strich hat etwa die Hälfte der Patienten profitiert.

Die Mukoviszidose (zystische Fibrose, CF) betrifft etwa eins von 4000 Neugeborenen. Zwar bleibt sie die häufigste letale autosomal-rezessive Erbkrankheit, aber es gibt Fortschritte: Das mittlere Sterbealter hat sich von rund 5 Jahren in den 1960er-Jahren auf derzeit etwa 35 Jahre erhöht. Heute geborene Kinder mit Mukoviszidose werden wahrscheinlich im Durchschnitt ein Alter von über 50 Jahren erreichen. Seit 2016 gehört die CF zum Neugeborenenscreening in Deutschland.

Die Mukoviszidose beruht auf Mutationen im CFTR(cystic fibrosis transmembrane regulator)-Gen auf Chromosom 7. Das CFTR-Protein wird in allen exokrinen Drüsen exprimiert und fungiert als Anionenkanal für Chlorid und Bikarbonat in der apikalen Zellmembran. Außerdem beeinflusst es die Absorption von Natrium und Wasser. Ist das CFTR-Protein in seiner Funktion beeinträchtigt oder nicht in ausreichender Menge vorhanden, kommt es zur Sekretion von zähem, angesäuertem Schleim. Es lassen sich sechs Klassen von Mutationen unterscheiden:

  • I: führt zu einem Abbruch der Transkription oder Translation
  • II: wirkt sich auf Aminosäuren mit Bedeutung für die Proteinfaltung aus
  • III: behindert die Kanalöffnung
  • IV: reduziert die Durchlässigkeit des Ionenkanals 
  • V: verringert die Proteinmenge (z.B. Splice-Mutationen)
  • VI: beschleunigt den Proteinabbau

In Deutschland ist knapp die Hälfte aller Patienten homozygot für die F508del-Mutation, sie gehört zu Klasse II. Hier fehlt an Position 508 das Codon für die Aminosäure Phenylalanin. Dadurch entsteht ein fehlgefaltetes Protein, das im endoplasmatischen Retikulum degradiert wird. Bei weiteren 39 % der Patienten liegt die Mutation heterozygot vor. Früher waren die Kenntnis der persönlichen Mutation und die Einteilung in die verschiedenen Klassen von rein wissenschaftlichem Interesse. Heute haben sie praktische Bedeutung, weil die neuen Medikamente nur bei ausgewählten Klassen wirksam sind.

Klasse-III-Mutationen/Ivacaftor:

Dieser sogenannte „Potenziator“ aktiviert CFTR und verlängert die Öffnungszeit seines Kanals. Daraus resultiert eine deutliche klinische Verbesserung bei auch langfristig gutem Sicherheitsprofil, die Anzahl der Exazerbationen lässt sich halbieren. Mittlerweile können Patienten ab 2 Jahre mit zehn verschiedenen Mutationen aus der Klasse III mit dem Präparat behandelt werden – was allerdings nur einem kleinen Anteil aller CF-Betroffenen entspricht. Weil die Substanz über das Cytochrom P450 3A4-Protein in der Leber verstoffwechselt wird, muss man Arzneimittelinteraktionen berücksichtigen. Eine deuterierte Form befindet sich derzeit in der Erprobung.

F508del-Mutation/ Ivacaftor/Lumacaftor:

Ivacaftor alleine wirkt bei homozygoter F508del-Mutation nicht, obwohl ebenfalls eine Störung von ATP-Bindung und Kanalöffnung vorliegt. Gepaart mit dem „Korrektor“ Lumacaftor aber lässt sich ein moderater Anstieg der Lungenfunktoin und eine Reduktion des Exazerbationsrisikos um 30-39 % erreichen. Die Fixkombi steht seit drei Jahren für Patienten ab 12 Jahre mit dieser Mutation zur Verfügung. Allerdings muss man mit vermehrten Nebenwirkungen rechnen und zahlreiche Arzneimittelinteraktionen beachten.

Eine Kombination aus Ivacaftor und Tezacaftor hat sich kürzlich in einer Phase-III-Studie als ähnlich effektiv erwiesen wie Ivacaftor/Lumacaftor – bei besserem Nebenwirkungsprofil. Weitere Korrektoren und auch Dreifachkombinationen durchlaufen gerade Phase-II-Studien.

Darüber hinaus wird getestet, ob die zusätzliche Gabe sogenannter Amplifier, die die Menge des synthetisierten Proteins erhöhen sollen, die Effektivität weiter verbessern können. Eine aktuelle Phase-I-Studie prüft ein lokal appliziertes Antisense-Nukleotid.

Weitere Substanzen in der Entwicklung:

Ataluren, eine Substanz, die mutierte Bereiche quasi überdeckt, hat eine Zulassung für Patienten mit Duchenne-Muskeldystrophie mit Stopp-Mutation. Erste Studien an Mukoviszidose-Patienten mit Klasse-I-Mutation verliefen jedoch enttäuschend. Jetzt wird die Substanz speziell bei einer Subgruppe von Patienten getestet, die augenscheinlich besser ansprachen als der Durchschnitt.

Verschiedene mutationsunabhängige neue Ansätze haben das Ziel, das zu zähe Sekret zu verflüssigen oder die Entzündung zu dämpfen. Zudem werden bereits etablierte Therapien weiterentwickelt, darunter Pankreasenzym-Präparate und Antibiotika. Zahlreiche genetische Behandlungsansätze konnten bislang keine die in sie gesteckten Hoffnungen erfüllen. Weitere werden erprobt. Eine „Heilung“ bleibt damit in weiter Ferne. 

Quelle: Barker M. internistische praxis 2018; 59: 425-435

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Zwar bleibt Mukoviszidose die häufigste letale autosomal-rezessive Erbkrankheit, aber es gibt Fortschritte. Zwar bleibt Mukoviszidose die häufigste letale autosomal-rezessive Erbkrankheit, aber es gibt Fortschritte. © iStock/Steve Debenport