Patienten mit zystischer Fibrose schaffen zu selten den Absprung vom Pädiater

Autor: Dr. Dorothea Ranft

Kinderärzte müssen lernen, loszulassen. Kinderärzte müssen lernen, loszulassen. © iStock.com/Frizzantine

Inzwischen erreicht mehr als die Hälfte der Patienten mit zystischer Fibrose das Erwachsenenalter. Doch viele Betroffene werden weiterhin vom Kinderarzt betreut. Denn beim Übergang in die Erwachsenenversorgung hapert es gewaltig.

Zystische Fibrose (CF) ist eine autosomal-rezessive Erkrankung, die durch Mutationen im CFTR*-Gen hervorgerufen wird. Dieses Gen kodiert für einen Chloridkanal in den mukösen Drüsenzellen, dessen fehlende oder mangelhafte Funktion zur Produktion zäher Sekrete führt. Lebenserwartung und -qualität der Patienten werden vor allem durch die eingeschränkte Lungenfunktion gemindert. In den Bronchien kommt es zu einer chronischen Infektion mit zunehmender Zerstörung des pulmonalen Gewebes.

Durch eine verbesserte Therapie hat sich die Lebenserwartung der Betroffenen in den vergangenen Jahrzehnten deutlich erhöht. Während 1995 nur ein Viertel der Mukoviszidose-Patienten das Erwachsenenalter erreicht, sind heute mehr als die Hälfte der Kranken älter als 18 Jahre. 10 % sind sogar über 40 Jahre und die Ältesten befinden sich bereits in den 60ern, schreiben Privatdozentin Dr. Doris Staab und Dr. Carsten Schwarz von der Charité Universitätsmedizin Berlin. Aber die Versorgung trage dem nicht Rechnung.

In einigen Kliniken gibt es altersübergreifende Zentren

Die meisten Kinder mit zystischer Fibrose erreichen die Adoleszenz mit einer fast normalen Lungenfunktion. Die Probleme fangen oft erst danach an. So ist der Abfall der Lungenfunktion im Alter zwischen 15 und 25 Jahren unverändert geblieben, obwohl er sich angesichts der verbesserten Therapie deutlich hätte verringern müssen. Verantwortlich dürften vor allem die Schwierigkeiten der Jugendlichen mit der Therapieadhärenz sein.

Allerdings befinden sich die Heranwachsenden auch in einer schwierigen Situation: Die Anforderungen in Schule und Ausbildung steigen und die Ablösung vom meist überbehütenden Elternhaus ist auch nicht einfach. Außerdem manifestieren sich in dieser Lebensphase oft auch typische Begleiterkrankungen wie Diabetes, Arthropathien, Depressionen und Angststörungen.

In dieser vulnerablen Phase erfolgt üblicherweise der Übergang aus der pädiatrischen in die internistische Betreuung. Bei der zystischen Fibrose gestaltet sich dieser Transfer wegen der verschiedenen involvierten Disziplinen (Pneumologie, Gastroenterologie etc.) besonders schwierig. Ein sinnvoller Weg scheint die gemeinsame Versorgung der CF-Kranken in altersübergreifenden Zentren zu sein. In mehreren Kliniken wurden solche pädiatrisch-internistischen Ambulanzen bereits eröffnet. Dieses Konzept der Transition hat den Vorteil, dass viele der Ärzte den Patienten schon länger kennen. Zudem können junge Patienten von älteren lernen, was sie häufig stärker motiviert als Ärzte oder Eltern.

Ein weiteres Problem ist, dass Jugendliche mit CF oft das gleiche Risikoverhalten zeigen wie gesunde Altersgenossen, also z.B. Alkohol trinken, rauchen oder Drogen nehmen. Manche setzen auch ihre Medikamente eigenmächtig ab. In solchen Fällen können spezielle Schulungsprogramme zumindest einen Zustand der „educated noncompliance“ erreichen, so die Autoren. Wenn eine 100%ige Therapietreue nicht zu verwirklichen ist, sollte wenigstens das Wichtigste im Alltag beachtet werden.

Mukoviszidose oft übersehen

Die Diagnose der zystischen Fibrose erfolgt in den meisten Fällen immer noch aufgrund chronischer Gedeihstörungen, ausgelöst durch die Pankreasinsuffizienz oder rezidivierende Bronchitiden oder Pneumonien in den ersten Lebensjahren. Das 2016 eingeführte Neugeborenen-Screening kann nicht verhindern, dass die CF manchmal erst im Adoleszenten- oder Erwachsenenalter erkannt wird. Leichtere Mutationen führen in der Regel nicht zu einer Pankreasinsuffizienz und werden deshalb zunächst übersehen.

Kinderärzte müssen lernen, loszulassen

Nach wie vor wird mehr als die Hälfte der erwachsenen CF-Patienten in Kinderkliniken betreut. Dort findet das primäre Gespräch zum Ambulanzwechsel häufig erst im Alter von über 17 Jahren statt. Die Transition wird auch durch die weitgehend fehlende Versorgungsstruktur für Erwachsene erschwert. Umgekehrt müssen die Pädiater lernen, loszulassen. Mit den neuen CFTR-Modulatoren, die die Restfunktion der CFTR-Kanäle steigern, dürfte sich die Prognose der Patienten mit zystischer Fibrose weiter verbessern – und damit wird auch der Bedarf an Erwachsenenmedizin für diese Erkrankung zunehmen.

* Cystic Fibrosis Transmembrane Conductance Regulator

Quelle: Staab D, Schwarz C. Internist 2018, 59: 1138-1145