Mukoviszidose: Erstkontakt mit Palliativmediziner schon im asymptomatischen Stadium

Autor: Dr. Andrea Wülker

Die palliative Mitbetreuung kann sich bei lebenslimitierenden Erkrankungen wie der Mukoviszidose über Jahrzehnte erstrecken. Die palliative Mitbetreuung kann sich bei lebenslimitierenden Erkrankungen wie der Mukoviszidose über Jahrzehnte erstrecken. © nikomsolftwaer – stock.adobe.com

Trotz großer medizinischer Fortschritte und gestiegener Lebenserwartung von Menschen mit Mukoviszidose geht die Erkrankung nach wie vor mit einer deutlich verkürzten Lebenszeit einher. Betroffene Familien sollten daher möglichst frühzeitig palliativ begleitet werden.

Palliativmedizin ist keine Medizin nur für die Endstrecke und für hoffnungslose Fälle. Vielmehr sollte eine Palliativversorgung von Menschen mit lebenslimitierenden Erkrankungen wie beispielsweise Mukoviszidose (zystische Fibrose, CF) schon lange vor der Lebensendphase einsetzen – idealerweise bereits ab der Diagnosestellung, wenn die Betroffenen zum Teil noch asymptomatisch sind, forderte Professor Dr. Sven Gottschling vom Universitätsklinikum des Saarlandes, Homburg/Saar.

Cannabinoide in der Palliativmedizin

Untersuchungen von Prof. Gottschling mit palliativmedizinischen Patienten belegen, dass Cannabinoide verschiedene Symptome lindern können. Dazu zählen:
  • Appetitmangel
  • Schwäche
  • Müdigkeit
  • Schmerzen
  • Anspannung
  • Angst
  • Depressivität
  • Übelkeit
  • Erbrechen
Cannabinoide wie Dronabinol weisen eine gute antikachektische Wirkung auf, was nach Aussage des Kollegen bei Mukoviszidose-Patienten interessant sein kann.

Gerade dann, wenn bei dem Patienten noch keine Symptome vorliegen, sei die Bedrohlichkeit des Palliativmediziners viel geringer. „Man führt mit der Familie vielleicht einmalig ein nettes Gespräch und sieht sich dann oft jahrelang nicht oder kaum mehr. Aber man ist eine bekannte Person im Versorgungskontext und ein selbstverständliches Teammitglied, das niederschwellig mitläuft,“ erläuterte der Kollege.

Später Kontakt zum Team erschwert häufig die Lage

Wird schließlich doch Unterstützung notwendig, kann das Team rasch aktiv werden. Umgekehrt stellt Prof. Gottschling immer wieder fest, dass die Kontaktaufnahme zum Kranken und seiner Familie und die Vertrauensbildung zu einer echten Herausforderung werden, wenn er als Palliativmediziner erst bei gravierender Symptomlast zugeschaltet wird. Insbesondere bei Kindern kann sich eine frühzeitig installierte palliative Mitbetreuung über Jahre oder Jahrzehnte erstrecken. Damit stellt sie bei der Transition von der pädiatrischen in die Erwachsenenmedizin einen wichtigen Kontinuitätsfaktor dar. Dies hilft, Informationsverluste zu vermeiden.

Auch soziale, psychische und spirituelle Bedürfnisse zählen

Während die „kurative“ Primärbehandlung stärker auf die Lebenszeitverlängerung abzielt, ist das Kernthema der Palliativversorgung die Lebensqualität. Dabei ist die Vorstellung dessen, was Lebensqualität ausmacht, von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich. Daher muss mit jedem Patienten geklärt werden, was er möchte und was nicht. Palliativmediziner können einen wichtigen Beitrag bei der Optimierung der Symptomkontrolle leisten (z.B. niedrig dosierte Opioidtherapie bei zunehmender Luftnot) und bei der Notfallplanung mitwirken. Mit jedem Kranken sollte rechtzeitig ein Plan zum richtigen Vorgehen in Notfällen erarbeitet werden, empfahl der Kollege. Darüber hinaus kann das Palliativteam Bindeglied zwischen der Klinik und der ambulanten Versorgung sein. Wie der Kollege betonte, umfasst die palliative Betreuung nicht nur die körperlichen, sondern auch die sozialen, psychischen und spirituellen Bedürfnisse der Patienten und ihrer Angehörigen.

Quelle: 22. Deutsche Mukoviszidose Tagung