Multiple Sklerose: Langfristige Krankheitsfreiheit erreichbar

Josef Gulden, Foto: thinkstock

Mit zunehmender Wirksamkeit der neuen Therapien gerät die „Freiheit von Krankheitsaktivität immer mehr in den Blickpunkt der MS-Forscher. Eine erneute Analyse der CLARITY-Studie zeigt, dass es heute möglich ist, einen erheblichen Anteil der Patienten über längere Zeit krankheitsfrei zu halten.

Dass dieses Ziel erreichbar sein könnte, hat sich zuerst in einer Post-hoc-Analyse der AFFIRM-Studie (Natalizumab Safety and Efficacy in Relapsing-Remitting Multiple Sclerosis) angedeutet.1


Für den aus der Hämatoonkologie bekannten Antimetaboliten Cladribin hat zwar der Hersteller die Bemühungen um eine Zulassung zur Therapie der Multiplen Sklerose (MS) aufgegeben. Die Autoren der CLARITY-Studie (CLAdRIbine Tablets treating MS orallY), in der Cladribin sich in zwei verschiedenen Dosierungen einer Placebo-Behandlung als überlegen erwiesen hat, präsentieren dennoch eine neue Langzeitanalyse über 96 Wochen, d.h. annähernd zwei Jahre, in der sich ebenfalls eine anhaltende Krankheitsfreiheit zeigt2.

Forscher definierten klare Kriterien für die "Krankheitsfreiheit"

Freiheit von Krankheitsaktivität bedeutete in der CLARITY-Studie

  • keine Rezidive im betrachteten Zeitraum
  • keine über drei bzw. sechs Monate anhaltende Verschlechterung in der Expanded Disability Status Scale (EDSS) und
  • keine neuen radiologischen Läsionen (T1-Läsionen mit Gadolinium-Kontrastverstärkung oder aktive T2-Läsionen).


Von den 1326 ursprünglich randomisierten Patienten mit schubförmig rezidivierender MS waren noch 1192 nach 96 Wochen nach diesen Kriterien beurteilbar. Sie hatten randomisiert entweder Placebo oder Cladribin in zwei Dosierungen (kumulative Dosis über 96 Wochen von 3,5 bzw. 5,25 mg/kg Körpergewicht) erhalten.Berechnet wurde der Anteil an Patienten in diesen drei Armen, die nach 24, 48 und 96 Wochen frei von Krankheitsaktivität waren.

Während die Unterschiede zwischen den beiden Verum-Armen vernachlässigbar waren, zeigten sich anhaltende, hoch signifikante Differenzen zum Placebo-Arm: Zwar nahm der Anteil krankheitsfreier Patienten über die Zeit in allen Armen ab, aber der relative Abstand zwischen Verum und Placebo wuchs:

  • von 67%/70% versus 39% nach 24 Wochen über
  • 54%/56% versus 24% nach 48 Wochen auf
  • 44%/46% versus 16% nach 96 Wochen.

Auch nach 96 Wochen noch ohne Zeichen von Krankheitsaktivität

D.h., nach zwei Jahren sind unter Cladribin beinahe dreimal so viele Patienten anhaltend krankheitsfrei wie unter Placebo. Diese Unterschiede waren unabhängig von einer ganzen Reihe von Patienten- und Krankheitscharakteristika (Alter, Krankheitsdauer, vorhergehende Behandlungen mit krankheitsmodifizierenden Therapien, Anzahl an T1-Läsionen mit Gadolinium-Kontrastverstärkung, Volumen der T2-Läsionen, EDSS-Score, Anzahl vorhergehender Rezidive, hohe Krankheitsaktivität).

Die Behandlung mit oralem Cladribin ist also gegenüber Placebo mit einer hochsignifikanten Erhöhung der Chancen auf eine auch nach 96 Wochen noch anhaltende Krankheitsfreiheit verbunden.

Die Substanz selbst werden diese Resultate nicht mehr retten, aber das Ziel einer „anhaltenden Freiheit von Krankheitsaktivität“ scheint bei der schubförmig rezidivierenden MS mittlerweile erreichbar zu sein, dessen sind sich die Autoren sicher.

Daher dürfte sich dieser Parameter künftig zu einem wichtigen Maß für das therapeutische Ansprechen dieser Krankheit entwickeln. Bislang haben sich klinische Studien zur Therapie auf die Messung einzelner Endpunkte wie Rezidivrate, Ausmaß der Behinderung des Patienten oder radiologische Befunde beschränkt.


1Havrdova E et al., Lancet Neurol 2009; 8: 254–260;
2Giovannoni G et al., Lancet Neurol 2011; 10: 329–337

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