
Muskelkrampf durch Medikamente ausgelöst?
Muskelkrämpfe entstehen durch unwillkürliche Kontraktionen der Skelettmuskulatur aufgrund hochfrequenter repetitiver Stimuli der Motoneuronen. Ursache ist eine bislang ungeklärte periphere neurogene Übererregbarkeit. Betroffen sind vor allem die Beine, insbesondere die Wadenmuskulatur.
Die Krampi bilden sich meist innerhalb von zehn Minuten wieder zurück, können aber auch eine Stunde anhalten. Typisch ist das vorwiegend nächtliche Auftreten. Die Muskulatur schmerzt manchmal noch tagelang, was die Lebensqualität beeinträchtigen kann.
Als idiopathisch werden die Krampi eingestuft, wenn sie sich nicht durch andere Erkrankungen (z.B. endokrine, metabolische oder vaskuläre), Substanzmissbrauch oder Medikamente erklären lassen. Bei einer Vielzahl von Wirkstoffen werden Muskelkrämpfe als potenzielle Nebenwirkung genannt.
Muskelschmerz fälschlich
als Krampf eingestuft
Dr. Hans Wille vom Institut für Klinische Pharmakologie am Klinikum Bremen-Mitte listet ohne Anspruch auf Vollständigkeit eine Reihe von Präparaten auf, bei denen in der Fachinformation Muskelkrämpfe angegeben werden (s. Tabelle).
In der Liste ist der Tyrosinkinase-Hemmer Imatinib nicht enthalten, unter dem in randomisierten Studien Muskel-/Wadenkrämpfe zu 25–40 % häufiger auftreten als unter Placebo. Ursache scheint ein Muskelödem zu sein. Bei Dasatinib und Nilotinib sind die Raten mit 1–10 % ebenfalls erhöht. Unter anderen Tyrosinkinase-Hemmern werden Krampi nicht gehäuft berichtet.
Auch für Interferone und Peginterferone sind Muskelkrämpfe in 1–10 % der Fälle beschrieben. Laut Dr. Wille deuten Daten aus randomisierten Studien allerdings eher
darauf hin, dass bei diesen Substanzen unspezifische Muskel- und Gelenkschmerzen fälschlich als Krämpfe klassifiziert werden.
Welche Medikamente sind potenzielle Krampfauslöser?
Krampi durch Diuretika führt man meist auf Elektrolytverschiebungen zurück. Nach einer aktuellen Analyse treten sie unter kaliumsparenden Diuretika häufiger auf als unter Thiaziden oder Schleifendiuretika. Bei den ebenfalls oft genannten Betablockern sind solche mit intrinsischer Restaktivität offenbar eher krampfinduzierend.
Bei Krämpfen nach Einnahme von ACE-Hemmern (z.B. Ramipril, Enalapril, Lisinopril) oder Kalziumantagonisten (z.B. Nifedipin, Amlodipin) kann es schwierig sein, zwischen echten Krampi und Durchblutungsstörungen durch ein vaskuläres Grundleiden zu unterscheiden. Lipidsenker verursachen selten Wadenkrämpfe. Wenn Patienten unter Statinen oder Fibraten über entsprechende Beschwerden klagen, sollte man daher an eine Myopathie mit drohender Rhabdomyolyse denken.
Vor dem Schlafengehen
erst die Muskeln dehnen
Ein enger zeitlicher Zusammenhang mit der Verordnung eines Medikament sowie die Linderung nach Absetzen und das Wiederauftreten nach Re-Exposition stützen den Verdacht auf arzneimittelinduzierte Muskelkrämpfe. Therapeutikum der Wahl sind Streck- und Dehnübungen tagsüber und vor dem Schlafengehen. Von einer medikamentösen Behandlung rät der Experte ab, vor allem Chinin solle man nicht einsetzen, weil es darunter zu Todesfällen gekommen sei.
Hans Wille, Arzneiverordnung in der Praxis 2013; Bd. 40: 65-68
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