Nach der Bestrahlung ist vor der Enteritis

Kathrin Strobel

Bei der Bestrahlung werden nicht nur Krebszellen, sondern auch gesunde Areale getroffen. Bei der Bestrahlung werden nicht nur Krebszellen, sondern auch gesunde Areale getroffen. © iStock/Mark Kostich

Mit einer Radiotherapie lassen sich Krebszellen wirkungsvoll zerstören. Allerdings können Schäden am Normalgewebe und an benachbarten Organen nicht immer verhindert werden. Was bei Strahlenreaktionen im GI-Trakt zu tun ist, erklärte eine Ärztin.

Eine Bestrahlung im Bereich des Beckens kann Komplikationen nach sich ziehen, die die Patienten mitunter auch in der ­gastroenterologischen Praxis auftauchen lassen: Etwa jeder vierte bis jeder zweite so Behandelte leidet in der Folge an anhaltenden gastrointestinalen Beschwerden, führte Dr. Christiane­ Fibbe­ vom ­Israelitischen Krankenhaus Hamburg aus.

Das Ausmaß der Schädigung durch die Radiatio wird durch die Strahlendosis, ihre zeitliche Verteilung sowie durch das bestrahlte Darmvolumen bestimmt. Weitere Einflussfaktoren sind u.a.:

  • Alter
  • Geschlecht
  • Ernährungszustand
  • Vorerkrankungen (CED, Endo­metriose, Kollagenosen etc.)
  • Voroperationen und eventuelle Narben
  • begleitende Chemotherapien

Treten während oder unmittelbar nach einer Radiotherapie Beschwerden auf, handelt es sich um eine akute Reaktion. Eine akute Strahlenenteritis erleiden 60–80 % der pelvin bestrahlten Patienten. Diese äußert sich durch Stuhl- und/oder Harndrang und nicht selten durch Blutungen. Bei etwa einem Drittel der Bestrahlten kommt es zu einer Strahlenproktitis. In jedem fünften Fall ist diese der Grund, warum die Therapie unterbrochen oder sogar beendet wird.

Die Evidenzlage zu prophylaktischen Optionen bei der akuten Strahlenenteritis ist dürftig: In der S3-Leitlinie zur supportiven Therapie in der Onkologie steht lediglich eine Kann-Empfehlung für die lokale Applikation von Amifostin (1500 mg in 40 ml) vor jeder Bestrahlung (Off-Label-Use), erklärte die Referentin. Die symptomatische Therapie richtet sich nach den Beschwerden (siehe Kasten). Patienten sollten darauf achten, häufige und kleinere Mahlzeiten zu sich zu nehmen. Fett- und ballaststoffreiche Lebensmittel, Alkohol, Kaffee sowie saure, scharfe, sehr warme oder sehr kalte Speisen und Getränke sind zu meiden.

Was wird wie behandelt?

  • retrosternale Schmerzen: Analgetika, topisch wirksame Anästhetika und PPI
  • Übelkeit und Erbrechen: Antiemetika
  • Diarrhö: ggf. Loperamid, Tinctura opii oder Octreotid – vor Beginn einer solchen Behandlung sollte man eine infektiöse Genese ausschließen.
  • Krämpfe, Stuhldrang und Blutungen: Spasmolytika und topische Steroide

Bei 15–20 % der pelvin bestrahlten Patienten treten erst ein bis zwei Jahre nach Therapieende Beschwerden auf. Es sind auch Latenzzeiten von bis zu 20 Jahren möglich, erklärte die Referentin. Bislang fehlen hinreichend gute Optionen für die Behandlung der radiogenen Spätkomplikationen. Das einzige, was einen Effekt bei therapierefraktären Blutungen einer Strahlenproktitis zeigt, ist die hyperbare Sauerstofftherapie, so Dr. Fibbe. „Das ist relativ aufwendig, aber auch effektiv.“ So lässt sich damit bei bis zu zwei Dritteln der Patienten eine Symptombesserung erreichen. Ansonsten therapiert man symptomorientiert: Beschwerden im Sinne einer Dünndarmfehlbesiedlung kann man mit der Gabe von Rifaximin begegnen, bei einer chologenen Diarrhö lohnt der Einsatz von Colestyramin.

Darm nach Radiatio nicht endoskopieren

Bei Patienten mit Pankreasinsuffizienz werden die fehlenden Enzyme substituiert. „Die Chirurgie sollte immer am Ende stehen“, betonte die Kollegin. Und noch ein wichtiger Hinweis: Am bestrahlten Darm gilt es, endoskopische Eingriffe zu vermeiden, da ein hohes Risiko für chronische Ulzera, Perforationen und Fisteln besteht. Am Ende muss immer im Einzelfall entschieden werden, welche Therapie für welchen Patienten am besten geeignet ist, so Dr. Fibbe. Bei der Auswahl der Strategie sollte man vor allem die Lebensqualität und die Vermeidung von fatalen Blutungskomplikationen im Blick haben.

Quelle: Viszeralmedizin 2021

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Bei der Bestrahlung werden nicht nur Krebszellen, sondern auch gesunde Areale getroffen. Bei der Bestrahlung werden nicht nur Krebszellen, sondern auch gesunde Areale getroffen. © iStock/Mark Kostich