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Nächtliche Hypoglykämien können ein Hilferuf sein

Im Alter von zehn Jahren wurde bei der 1984 geborenen Agnes der Typ-1-Diabetes entdeckt. 2011 stellte sich die sehr schlanke Patientin (BMI 19,5 kg/m2) erstmals in einer diabetologischen Praxis vor. Bis dahin hatte der Hausarzt sie betreut und mit 15 IE eines lang wirksamen Insulins morgens, ergänzt durch 2 IE eines kurz wirksamen pro Broteinheit zu den Mahlzeiten, behandelt. Die Patientin brachte keinerlei dokumentierte Werte mit, aber den Wunsch nach einer Pumpentherapie, berichtete Dr. Hansjörg Mühlen vom Diabetologikum Duisburg. "Das wäre einer Körperverletzung gleichgekommen", so seine Einschätzung.
Vier Jahre von der Bildfläche verschwunden
Erst einmal galt es, sie besser einzustellen. Außerdem korrigierte man ihre Spritztechnik, um Lipohypertrophien zu vermeiden, schulte sie in der Hypoglykämiewahrnehmung und versuchte mit psychologischer Hilfe, ihr die Angst vor Unterzuckerungen zu nehmen. Das anschließende Tagesprofil zeigte aber weiterhin ein wildes Auf und Ab und immmer wieder gab es auch extrem niedrige BZ-Werte. Nach vier Monaten verließ die Patientin plötzlich die Praxis und ward erst einmal nicht mehr gesehen.
Knapp vier Jahre später tauchte sie wieder auf und alles war auf Anfang: Sie nutzte wieder das uralte Insulinschema, hatte keine Dokumentation dabei und wollte eine Pumpe. Stattdessen verordnete ihr das Expertenteam erneut eine modernere kombinierte Therapie, was zu einer halbwegs befriedigenden Einstellung führte (HbA1c 8,7 %). Doch es gab weiter starke Unterzuckerungen. Nachdem Agnes fünf Monate bei der Stange blieb und folgsam ihre Werte notierte, erhielt sie schließlich im November 2016 die ersehnte Pumpe.
Lag es doch an einem Autoimmunsyndrom?
Ende gut, alles gut? Noch lange nicht! Die unklaren Hypoglykämien ließen den Kollegen keine Ruhe und sie starteten eine umfassende endokrinologische Abklärung. Als Erstes fand sich dabei eine Hashimoto-Thyreoiditis, die weiterführenden Untersuchungen ergaben dann die Diagnose eines polyendokrinen Autoimmunsyndroms. Diese auch Schmidt-Syndrom genannte Erkrankung ist durch Hashimoto plus M. Addison gekennzeichnet, dazu können u.a. folgende Komorbiditäten kommen:
- Typ-1-Diabetes
- Vitiligo
- perniziöse Anämie
- Alopezie
- Myasthenia gravis
Um auszuschließen, dass ein Hypophysenprozess hinter allem steckte, überwiesen die Diabetologen sie in die Klinik. Dort kam es erneut zu einer schweren nächtlichen Hypoglykämie, woraufhin ein psychiatrisches Konsil erfolgte. Das brachte endlich Licht ins Dunkel: Die Frau leidete an einer Borderline-Störung und hatte die Unterzuckerungen selbst durch Insulinüberdosierungen verursacht. Rückblickend, so Dr. Mühlen, erkannte man auch Zusammenhänge: Sobald die Betreuung in der Praxis etwas weniger straff wurde bzw. Überweisungen erfolgten, kam es wieder zum hochdramatischen Ereignis und Agnes sicherte sich erneut die volle Aufmerksamkeit!
Quelle: 52. Jahrestagung der Deutschen Diabetes Gesellschaft
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