
Naltrexon ist in zwar off label, aber besonders wirksam

Laut einer Umfrage bei Fibromyalgiepatienten in den USA stellt Low-Dose-Naltrexon (LDN) die vergleichsweise wirksamste Therapie ihrer Beschwerden dar. Die Krux dabei: In dieser Indikation ist es in Deutschland nicht zugelassen, schreiben PD Dr. Michael Überall vom Institut für Neurowissenschaften, Algesiologie und Pädiatrie (IFNAP) in Nürnberg und Dr. Silvia Maurer vom Regionalen DGS-Schmerzzentrum in Bad Bergzabern. Das gilt allerdings auch für die hierzulande verschriebenen Medikamente wie Pregabalin, trizyklische Antidepressiva und/oder selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer – obwohl paradoxerweise einige europäische Fachgesellschaften die Gabe empfehlen.
Analgetische Wirkung schon bei 0,5–6 mg/d
Naltrexon ist in Deutschland nur zur Behandlung einer Opioid- und Alkoholabhängigkeit zugelassen. Die Substanz blockiert die Opioidrezeptoren und verhindert damit das Suchtmittelhigh, sodass einer der Antriebe für den Konsum entfällt. Wie kommt es dann aber zur analgetischen Wirkung bei Fibromyalgie? Und auch noch in Mengen, die mit 0,5–6 mg/d etwa einem Hundertstel der bei Abhängigkeitserkrankungen eingesetzten 50–150 mg/d entsprechen?
Darüber kann man derzeit nur spekulieren, räumen die Kollegen ein. Die geringe Dosis könnte die Wirkdauer am Opioidrezeptor vermindern und diesen damit empfindlicher machen. Gleichzeitig soll die Produktion endogener Endorphine steigen, die dann an die freigegebenen Opioidrezeptoren binden und so eine Analgesie erreichen.
Wegen der fehlenden Zulassung für die Fibromyalgiebehandlung muss das LDN mit einem Privatrezept verordnet werden, nach dem der Apotheker dann die entsprechende Formulierung herstellt. Dabei empfehlen sich vor allem Tropfen in wässriger Lösung, die gut titrierbar sind. Die Kosten gehen allerdings meist zulasten des Patienten (siehe Kasten).
Ist der Patient der Dumme?
Bei der Naltrexonverordnung zur Behandlung einer Fibromyalgie muss der Patient die Kosten zunächst einmal selbst tragen. Allerdings kann er bei seiner Krankenversicherung eine Einzelfall-Kostenübernahme beantragen, dazu sollte der behandelnde Arzt eine ärztliche Begründung ausstellen.
Die Erfolgsaussichten sind jedoch gering, warnen die Experten.
Zu Beginn der Therapie muss eine Opioidgabe mindestens sieben bis zehn Tage zurückliegen, sonst können schwere Entzugserscheinungen auftreten. Außerdem sind vor dem Start der Behandlung Immunsuppressiva und -stimulanzien abzusetzen, da die LDN-vermittelte erhöhte Endorphinkonzentration das Immunsystem beeinflussen kann.
Begonnen wird die LDN-Gabe mit 1,5 mg/d abends. Die Dosis wird dann schrittweise weiter erhöht, bis die Beschwerden nachlassen. Meist führen aber Dosen über 4,5 mg/d zu keiner weiteren Besserung, schreiben die Autoren. Wie lange die Therapie läuft, hängt von Wirkung und Verträglichkeit ab. Letztere ist meist gut; eventuelle Magen-Darm-Probleme sind oft nur leicht ausgeprägt und verschwinden mit fortgesetzter Behandlung, ansonsten kann eine Dosisreduktion helfen. Die Schmerzmediziner empfehlen eine Therapiedauer von drei bis sechs Monaten, bevor man einen Auslassversuch unternimmt. Klappt der nicht und kehren die Beschwerden zurück, verläuft ein Neustart im Allgemeinen problemlos ohne Wirkungsverlust.
Quelle: Überall M, Maurer S. Schmerzmedizin 2023; 39: 46-49; DOI: 10.1007/s00940-023-4162-9
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