Neue Strategien bei Harnwegsinfektion

Dr. Elisabeth Nolde, Foto: thinkstock

Zunehmende Resistenzen erfordern noch mehr Umsicht bei antibiotischen Behandlungen – das betrifft auch unkomplizierte untere Harnwegsinfekte. Doch wie lauten die aktuellen Empfehlungen?

 

Bei 95 % der Patientinnen präsentiert sich die unkomplizierte, untere Harnwegsinfektion (HWI) mit mindestens einem der folgenden Symptome: Dysurie, starker Harndrang, Pollakisurie und Schmerzen oberhalb der Symphyse. Vor allem junge Frauen sind betroffen: Im Teenageralter liegt die jährliche Zystitis-Rate bei 0,7 – mit hohem Rezidivrisiko. Für postmenopausale Frauen beträgt diese Rate hingegen 0,07 pro Jahr.

Zu den wichtigsten Risikofaktoren gehören vorangegangene HWI, Geschlechtsverkehr, Gebrauch von Spermiziden und „neuer“ Sexualpartner im zurückliegenden Jahr. Für die Urindiagnostik stehen generell Urin-Streifentests, -Kultur, Eintauchnährböden und Mikroskopie zur Verfügung. Werden z.B. bei Frauen mit typischer Symptomatik im Urinstreifentest Leukozyten oder Nitrit nachgewiesen, ist von einer HWI auszugehen. Als Erreger sind in 70–80 % der Urinproben E. coli nachweisbar.

Weniger Antibiotika, mehr Zuwarten

Etwa 30–50 % aller Zystitiden heilen spontan ab. Daher scheint in den ersten Tagen ein abwartendes Verhalten vertretbar. Allerdings sollte die Trinkmenge erhöht werden. Die frühere Standardbehandlung (eine ein- bis dreitägige Kurzzeittherapie mit Ciproflaxacin oder Cotrimoxazol) wird angesichts zunehmender Resistenzentwicklungen heute differenzierter gesehen, erinnern Dr. Michael Zieschang, Internist und Nephrologe aus Darmstadt, und Dr. Siegbert Walter, Facharzt für Kinder- und Jugendmedizin, St.-Clemens-Hospital in Geldern.

Vielmehr gilt derzeit Fosfomycin-Trometamol als Mittel der ersten Wahl bei Frauen. Falls Kontraindikationen bestehen, wird Nitrofurantoin – unter Berücksichtigung der Fachinformation – empfohlen. Chinolone und Cephalosporine der zweiten und dritten Generation kommen bei dieser Indikation hingegen nur alternativ in Betracht, so die Experten.

HWI-Erreger werden immer resistenter

Wegen rasch zunehmender Resistenzen seien sie für obere und komplizierte HWI reserviert. Klinisch zu beachten ist zudem: Sowohl Fosfomycin-Trometamol als auch Nitrofurantoin sind bei systemischen Infektionen weitgehend wirkungslos, das betrifft obere HWI und erkrankte Männer (Prostatitis).

Mit aufsteigenden Infektionen muss man bei ca. 2 % der Zystitis-Fälle rechnen. Eine unkomplizierte obere Harnwegsinfektion, Pyelonephritis, macht sich meist mit Flankenschmerzen und klopfschmerzhaftem Nierenlager bemerkbar – gegebenenfalls mit Temperaturerhöhung > 38 C, Übelkeit und Erbrechen. Zur Behandlung von Patienten mit akuter unkomplizierter Pyelonephritis sind Ciprofloxacin oder Levofloxacin Mittel der ersten Wahl. Bei leichter bis moderater Verlaufsform kommen alternativ Cefpodoxim oder Ceftibuten in Betracht, so die Experten.

Minimalprophylaxe gegen chronisch-rezidivierende Fälle

Nicht selten werden Frauen von rezidivierenden Harnwegsinfekten geplagt. Diese sind definiert durch folgende Konstellationen: ≥ 2 symptomatische Episoden pro Halbjahr oder ≥ 3 symptomatische Infektionen pro Jahr. Zur Vorbeugung werden Betroffenen einige generelle Verhaltensregeln nahegelegt: täglich zwei bis drei Liter trinken, übertriebene Genitalhygiene vermeiden, aber Analhygiene beachten, Miktion nach Koitus, Vermeidung von Spermiziden, ggf. sexuelle Enthaltsamkeit, ferner topische Östrogene postmenopausal nutzen.

Außerdem scheint eine durch Studien belegte antibiotische Minimalprophylaxe erwägenswert. Dazu empfiehlt sich z.B. die abendliche Einnahme von Cotrimoxazol (TMP/SMX: 40/200 mg) oder von Trimethoprim 100 mg, jeweils über einen Zeitraum von sechs Monaten.

Quelle: Michael Zieschang und Siegbert Walter, Hessisches Ärzteblatt 2015; 10: 558-561

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