
Nicht abhorchen, sondern ans EKG

Die Auskultation des Herzens ist ein grundlegender Bestandteil bei der Beurteilung der Sporttauglichkeit. Zutage tretende Herzgeräusche werden in physiologisch und pathologisch unterteilt. Letztere bedürfen einer weiteren Abklärung per Herzecho. Auf diese Weise sollen strukturelle Herzerkrankungen wie beispielsweise eine hypertrophe Kardiomyopathie ausgeschlossen werden, die mit erhöhtem Risiko für einen plötzlichen Herztod einhergehen. Eine aktuelle Auswertung stellt allerdings die Zuverlässigkeit dieser Vorgehensweise zumindest teilweise infrage.
Das Team um Dr. Ashley Austin vom Department of Family Medicine der Sports Medicine Section an der University of Washington zog für eine retrospektive Analyse die Daten von mehr als 15.000 Kindern und Jugendlichen zwischen zwölf und 19 Jahren heran. Bei allen Probanden hatten die Ärzte ein Screening durchgeführt, das aus Anamnese, körperlicher Untersuchung und EKG bestand. Sofern sie dabei Auffälligkeiten entdeckten, veranlassten sie eine Echokardiographie.
Insgesamt fielen 905 Teilnehmer durch Herzgeräusche auf, darunter 162 als pathologisch eingestufte Fälle. Die Forscher verglichen nun die Echobefunde dieser Gruppe mit denen von mehr als 4.300 Gleichaltrigen, bei denen die Auskultation keine auffälligen Herzgeräusche ergeben hatte. Dabei fanden sie heraus, dass zwar ein doppelt so hoher Anteil der Teilnehmer mit Herzgeräuschen sonographisch tatsächlich eine strukturelle Herzerkrankung aufwies (2,8 % vs. 1,4 %). Allerdings handelte es sich nur bei drei Patienten um eine hypertrophe Kardiomyopathie. Lediglich einer von ihnen wies bereits im Screening pathologische Geräusche auf, bei den beiden anderen waren sie physiologisch. Alle drei hingegen zeigten im 12-Kanal-EKG Auffälligkeiten wie T-Wellen-Inversionen, ST-Senkungen oder verlängerte QT-Zeiten.
Risikopatienten per EKG viel besser identifizierbar
Dr. Austin und Kollegen kommen zu dem Schluss, dass Herzgeräusche die Wahrscheinlichkeit für eine risikoreiche strukturelle Erkrankung generell signifikant erhöhen. Keinerlei Aussagekraft hat dabei allerdings, ob es sich um pathologische oder physiologische Geräusche handelt. Die Autoren empfehlen, bei Kindern und Jugendlichen mit Herzgeräuschen grundsätzlich ein EKG zu Rate zu ziehen, da es Risikopatienten wesentlich besser identifiziert als die Auskultation.
Quelle: Austin AV et al. Br J Sports Med 2021; DOI: 10.1136/bjsports-2019-101718
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