Nicht besser als Placebo, aber mit erhöhtem Abhängigkeitsrisiko

Dr. Elke Ruchalla

Im Einsatz gegen Rückenschmerzen schnitten Opioide in der OPAL-Studie teilweise schlechter ab als Placebo. (Agenturfoto) Im Einsatz gegen Rückenschmerzen schnitten Opioide in der OPAL-Studie teilweise schlechter ab als Placebo. (Agenturfoto) © brizmaker – stock.adobe.com

Bei der Linderung von akuten Nacken- und Rückenschmerzen sind Opioide nicht besser als Placebo. Diese Erkenntnis war das Ergebnis der australischen OPAL-Studie.

Eingeschlossen darin waren 347 Patienten mit akuten (seit maximal zwölf Wochen bestehenden) unspezifischen und mindestens moderat ausgeprägten Schmerzen im Nacken oder LWS-Bereich. Sie erhielten randomisiert maximal sechs Wochen lang entweder Oxy­codon/Naloxon oder ein Placebo. Außerdem wurde den Patienten beider Gruppen versichert, dass ihr Leiden kein Grund zur Beunruhigung sei und dass sie aktiv bleiben sollten, statt sich ins Bett zu legen, berichten Dr. Caitlin Jones von der Universität Sydney und ihre Kollegen. 

Zu Beginn der Studie wurde die Schmerzintensität bei allen Patien­ten auf einer 10-Punkte-Skala gemessen. Sie betrug in der Opioidgruppe durchschnittlich 5,7 Punkte, in der Placebogruppe 5,6 Punkte. Nach sechs Wochen hatten die Schmerzen unter beiden Behandlungen abgenommen und waren nur noch leicht ausgeprägt. Dabei schnitten die Opioide nicht etwa besser, sondern tendenziell schlechter ab als das Placebo (2,8 unter Opioiden vs. 2,25 unter Placebo). Dieser Trend nahm mit der Zeit noch zu und hatte sich nach zwölf Monaten weiter verstärkt­ (2,37 vs. 1,81). Über Nebenwirkungen klagte in beiden Gruppen jeweils etwa ein Drittel der Patienten.

Anlass zur Sorge gab den Forschern ein weiteres Ergebnis: Nach einem Jahr fanden sie bei doppelt so vielen Patienten der Opioidgruppe eine erhöhte Gefahr für einen Medikamentenmissbrauch als bei den Teilnehmern der Placebogruppe. Nach Meinung der australischen Kollegen ist eine Aktualisierung der entsprechenden Leitlinien überfällig. Sie sollten das Hauptgewicht auf Physio- und Psychotherapie legen; wenn Schmerzmittel notwendig sind, sollten nicht-steroidale Antiphlogistika ausreichen.

Die aktuellen Leitlinien sollten dringend überdacht werden

Dem können der Psychiater Dr. Mark Sullivan und die Schmerzmedizinerin Dr. Jane Ballantyne von der University of Washington in Seattle in ihrem Kommentar nur zustimmen. Die derzeitigen Leitlinien empfehlen bei Nacken- und tiefsitzenden Rückenschmerzen opioidhaltige Schmerzmittel nur, wenn alle anderen Medikamente und die nicht-medikamentöse Therapie versagt haben, schreiben sie. Doch irgendwie scheinen viele Ärzte diese Einschränkung nicht richtig wahrzunehmen – etwa zwei Drittel aller US-amerikanischen Patienten mit akuten Nacken- oder Rückenschmerzen erhalten ein Opioid. Höchste Zeit, die gängige Praxis und die Leitlinien zu überdenken.

Quelle: 1. Jones CMP et al. Lancet 2023; DOI: 10.1016/S0140-6736(23)00404-X
2. Sullivan M, Ballantyne J. Lancet 2023; DOI: 10.1016/S0140-6736(23)00671-2

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Im Einsatz gegen Rückenschmerzen schnitten Opioide in der OPAL-Studie teilweise schlechter ab als Placebo. (Agenturfoto) Im Einsatz gegen Rückenschmerzen schnitten Opioide in der OPAL-Studie teilweise schlechter ab als Placebo. (Agenturfoto) © brizmaker – stock.adobe.com