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Nicht das Ende der Fahnenstange

Die akute schwere Colitis ulcerosa wird üblicherweise definiert durch das Zusammentreffen von blutigen Diarrhöen, erhöhter Stuhlfrequenz (mehr als sechsmal täglich) und mindestens einem Zeichen der systemischen Entzündung (Fieber, Tachykardie, erhöhte Inflammationsmarker). Die Erkrankung ist nach wie vor mit einer erhöhten Mortalität (1 %) und einem gesteigerten Kolektomiebedarf (10–15 %) behaftet, so das Team um Dr. Sailish Honap vom King’s College in London.
In ihrer systematischen Literaturrecherche berücksichtigten die Forschenden 33 randomisierte kontrollierte Studien (RCT) zur Wirkung und Sicherheit bei Hospitalisierten. Sämtliche Arbeiten wurden in den Jahren 1955 bis 2023 publiziert, mehrheitlich (79 %) in Europa und Nordamerika.
Eine neue Ära läutete in den 1950er Jahren die Studie von Truelove und Witts ein. Diese Arbeit zeigte erstmals, dass die Kortisonbehandlung einer Scheintherapie überlegen ist. 41,3 % vs. 15,8 % der Patientinnen und Patienten erreichten nach sechs Wochen eine Remission. Auch die Mortalität wurde reduziert (4,6 % vs. 10,9 % in den ersten zwei Monaten, 6,4 % vs. 14,8 % nach neun Monaten).
Auch Calcineurininhibitoren können eine Alternative sein
Für die Calcineurininhibitoren (Ciclosporin, Tacrolimus) ermittelten sieben Studien eine Wirksamkeit bei stationär Behandelten mit schwerer Colitis ulcerosa. Ein weiterer RCT ergab einen Benefit für i. v.-Ciclosporin bei steroidrefraktären CED-Kranken. Wegen der Überlegenheit gegenüber Placebo wurde die Untersuchung vorzeitig abgebrochen. Eine weitere Arbeit kam zu dem Resultat, dass sich eine Monotherapie mit Ciclosporin als Alternative zum Steroid eignet, empfohlen wird eine Tagesdosis von 2 mg/kgKG. Für Tacrolimus konnte ebenfalls ein Nutzen bei mangelhaftem Ansprechen auf Kortikoide gezeigt werden.
Auch der Tumornekrosefaktor alpha (TNF-α) spielt in der Pathogenese der chronisch-entzündlichen Darmerkrankung eine wichtige Rolle. Deswegen gehören entsprechende Antikörper heute fest zum therapeutischen Arsenal. Die Wirksamkeit und die Sicherheit von Infliximab als Zweitlinientherapie bei fehlendem Ansprechen auf i. v.-Steroide konnten inzwischen in Studien gezeigt werden. Zwei große multizentrische RCT ergaben eine mit Ciclosporin vergleichbare Wirkung und Sicherheit bei der akuten schweren CU. In einer dieser Arbeiten ließ sich auch hinsichtlich Überlebensrate, Kolektomiebedarf und Mortalität kein Unterschied erkennen.
Die Kombination von Infliximab und Azathioprin mit rascher Beendigung der Steroidtherapie verhinderte in einem RCT ein Therapieversagen besser als das Standardschema mit Nitrimidazol allein und mit langsamem Ausschleichen des Kortikoids über acht Wochen. Andere Antikörper wurden bisher nicht in RCT bei hospitalisierten CU-Patienten untersucht.
Was den gemeinsamen Einsatz mehrerer Antikörper betrifft, kommt eine Machbarkeitsstudie zu Guselkumab plus Golimumab auf eine möglicherweise überlegene Wirksamkeit gegenüber den einzelnen Komponenten.
Auch Januskinase-Inhibitoren könnten sich zur Therapie der ASUC eignen, zumal sie rasch wirken und eine kurze Halbwertszeit aufweisen. Für Tofacitinib konnte einen Vorteil gegenüber Placebo gezeigt werden. Damit Behandelte benötigten seltener eine medikamentöse Rescue-Therapie (10 % vs. 22 %) und Kolektomie (2 % vs. 8 %). Die Nebenwirkungen waren im Allgemeinen leichter Natur. Ein Patient allerdings entwickelte eine Sinusvenenthrombose, ein weiterer starb.
Mesalazin ohne Vorteil bei mit Steroiden Vorbehandelten
Der IL-1-Rezeptorantagonist Anakinra hat sich bei diversen entzündlichen Autoimmunerkrankungen als wirksam erwiesen. Aber in einem RCT (n = 113) reduzierte die Anwendung zusätzlich zur steroidalen Standardtherapie bei Patientinnen und Patienten mit akuter schwerer CU weder den Bedarf für eine Salvage-Therapie noch die Zahl der Kolonresektionen. Ein weiterer RCT prüfte den Stellenwert von Mesalazin bei steroidbehandelten Personen. Das Ergebnis: kein Nutzen. Potenziell günstige Effekte von Antibiotika oder ausschließlich enteraler Ernährung müssen noch in Studien geprüft werden.
Quelle: Honap S et al. Gut 2024; DOI: 10.1136/gutjnl-2024-332489
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