Crohn und Colitis mit TNF-α-Blockern erfolgreich behandeln

Dr. ­Angelika ­Bischoff

Dickdarmschleimhaut eines Patienten mit Colitis ulcerosa. TNF-Hemmer fördern die Mukosaheilung besser als konventionelle Medikamente. Dickdarmschleimhaut eines Patienten mit Colitis ulcerosa. TNF-Hemmer fördern die Mukosaheilung besser als konventionelle Medikamente. © Science Photo Library/CNRI

Seit etwa 25 Jahren sind TNF-α-Blocker ein Teil der Therapie von chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen. Heute gibt es etablierte Konzepte, wie man diese Substanzen mit optimalem Nutzen einsetzt. Das Jüngste davon ist das therapeutische Drug Monitoring.

Im Jahr 1992 erhielt im Academic Medical Center in Amsterdam erstmals ein zwölf Jahre altes Mädchen mit schwerem Morbus Crohn eine Infusion von Infliximab. Sie sprach darauf klinisch rasch und auf für die damalige Zeit spektakuläre Weise an, erklären Professor Dr. Geert D’Haens von den Amsterdam University Medical Centers und Professor Dr. Sander­ van Deventer­ vom Leiden University Medical Center.

Fachzeitschrift läutete „neue Ära in der Therapie“ ein

Es folgte eine Fallserie mit zehn erwachsenen Patienten mit refraktärem Morbus Crohn, die eine einzige Infusion von Infliximab erhielten. Alle bis auf einen erreichten innerhalb von zwei bis vier Wochen eine endoskopische Remission. Die Zeitschrift „Gastroenterology“ läutete daraufhin auf einer ihrer Titelseiten eine neue Ära in der Therapie chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen ein.

Die weitere Entwicklung von Infliximab führte von der Bedarfstherapie zu einer langfristigen Erhaltungstherapie als Standard. Bei Patienten mit fistulierendem Morbus Crohn heilten die Fisteln unter einer solchen Behandlung signifikant besser ab als nach einer ausschließlichen Induktionstherapie. Die Ergebnisse von Studien mit Colitis-ulcerosa-Patienten führten schließlich zur Zulassung von Infliximab für diese Indikation.

Als subkutane Alternative gesellte sich bald Adalimumab dazu, zunächst zur Induktions- und Erhaltungstherapie bei mittelschwerem bis schwerem M.Crohn. Auffallend war, dass endoskopische Läsionen überwiegend schon in den ersten zwölf Wochen abheilten, berichten die Autoren. Außerdem erwies sich Adalimumab bei infliximabrefraktären Patienten mit Morbus Crohn als wirksam. Weitere Studien belegten auch einen Effekt von Adalimumab bei mittelschwerer und schwerer Colitis­ ulcerosa.

Als weiterer TNF-α-Blocker ist Certolizumab für Morbus Crohn in den USA zugelassen. Für Europa besteht keine Zulassung. Golimumab steht für die Erhaltungstherapie bei Colitis ulcerosa sowohl in den USA als auch in Europa zur Verfügung.

In Studien traten bei 3–4 % der mit Infliximab behandelten Patienten schwerwiegende Infektionen auf. Meist betreffen diese die Atem- oder die Harnwege. Auch eine erhöhte Inzidenz der Tuberkulose wurde beobachtet und führte zu einem systematischen Screening auf latente Tbc. Wachsamkeit ist auch heute noch notwendig bei Patienten, die aus endemischen Gebieten kommen oder dorthin reisen.

Ein erhöhtes Risiko für solide Tumoren scheint mit der Behandlung mit TNF-­Blockern nicht verbunden zu sein. Nicht ganz geklärt ist dies für Lymphome und Melanome. Nur selten wird über die Hauttoxizität gesprochen, erklären die Kollegen. Dabei kommt es relativ häufig zu entsprechenden Reaktionen. In einer großen Fallserie hat etwa ein Viertel der Patienten unter TNF-α-Blockern dermatologische Beschwerden entwickelt, häufig ein psoriasisähnliches Ekzem. Topische Steroide helfen dagegen meist rasch.

Zum Problem für die Wirksamkeit der anti-TNF-α-Therapie wird mitunter die Bildung von Anti-Drug-Antikörpern (ADA). Unter einer Dauertherapie mit Infliximab kann diese etwa 10–20 % der Patienten betreffen. Bei früheren On-demand-Therapien war dies noch erheblich häufiger der Fall und führte öfter zum Wirkverlust. Heute weiß man, dass vor allem eine niedrige Serumkonzentration von TNF-Blockern immunogen ist. Durch begleitende Immunsuppressiva kann das Immunogenitätsrisiko vermindert und die Wirksamkeit der anti-TNF-α-Therapie besser erhalten werden. Adalimumab ist deutlich weniger immunogen als Infliximab.

Antikörperspiegel messen, auch wenn die Arznei wirkt

Diese Erkenntnisse führten dazu, dass das sogenannte therapeutische Drug Monitoring (TDM) eingeführt wurde. Wenn man die Behandlung mit einem TNF-a-Blocker zunächst in der Standarddosis beginnt, wird heute häufig bereits nach Ende der Induktionstherapie der Wirkspiegel und die ADA-Konzentration gemessen, selbst wenn sich noch kein Wirkverlust zeigt. Auf jeden Fall wird TDM empfohlen, wenn die Krankheitsaktivität unter der Therapie wieder zunimmt. Liegt der Wirkspiegel zu niedrig, ohne dass ADA vorhanden sind, sollte die Dosis erhöht werden. Sind jedoch ADA vorhanden, lässt sich die Wirksamkeit ggf. durch Wechsel auf einen anderen TNF-α-Blocker verbessern. Bei einem unzureichenden Effekt trotz ausreichendem Wirkspiegel und negativem ADA-Befund sollte daran gedacht werden, die Wirkstoffklasse zu wechseln.

Auch wenn inzwischen mit Vedolizumab und Ustekinumab neue Biologika in der Therapie des Morbus Crohn und der Colitis ulcerosa verfügbar geworden sind, werden die TNF-α-Blocker zumindest für die nächsten zehn Jahre ihre Bedeutung behalten, meinen die Autoren, schon allein deshalb, weil sie kostengünstig sind.

Während die Mukosaheilungs­raten mit den neuen Biologika etwas geringer zu sein scheinen als mit einer optimierten anti-TNF-α-Therapie, schneiden die neuen Substanzen hinsichtlich Sicherheitsprofil und Immunogenität besser ab. Infliximab bleibt Therapie der Wahl beim fistulierenden Morbus Crohn und bei akuter schwerer Colitis ulcerosa. Demnächst werden auch subkutane Infliximab-Präparate für die breite Masse verfügbar sein, kündigen die Kollegen an.

Quelle: D’Haens GR, van Deventer S. Gut 2021; DOI: 10.1136/gutjnl-2019-320022

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Dickdarmschleimhaut eines Patienten mit Colitis ulcerosa. TNF-Hemmer fördern die Mukosaheilung besser als konventionelle Medikamente. Dickdarmschleimhaut eines Patienten mit Colitis ulcerosa. TNF-Hemmer fördern die Mukosaheilung besser als konventionelle Medikamente. © Science Photo Library/CNRI