Keine Pause in Schwangerschaft und Stillzeit erforderlich

Dr. Angelika Bischoff­

Eine Remission vor der Schwangerschaft reduziert das Komplikationsrisiko. Eine Remission vor der Schwangerschaft reduziert das Komplikationsrisiko. © iStock/SanyaSM

Auch wenn sich TNF-α-Blocker nach der Geburt im Blut des Babys nachweisen lassen, gefährdet eine Therapie der Schwangeren weder sie noch das Kind. Ein Absetzen hingegen ist mit Risiken verbunden.

Biologika haben die Therapie von Patienten mit chronisch-entzündlichen und/oder autoimmunen Erkrankungen erheblich verbessert und sind inzwischen zu Standardmedikamenten geworden. Auch Frauen im reproduktiven Alter erhalten diese Medikamente immer häufiger zum Remissionserhalt vor der Empfängnis, während der Schwangerschaft und in der Stillzeit.

Da die meisten monoklonalen Antikörper, zu denen auch einige TNF-α-Blocker gehören, die Plazenta überwinden, befürchtete man früher negative Effekte auf den Fetus und hat Biologika in der Schwangerschaft eher gemieden. Inzwischen ist klar geworden, dass eine klinische Remission vor allem in den sechs Monaten vor einer Schwangerschaft einer der besten Prädiktoren für ein günstiges Outcome für Mutter und Kind darstellt.

Einige Studien zeigen auch, dass ein Stopp der Medikation während der Schwangerschaft das Rezidivrisiko und die Wahrscheinlichkeit für Frühgeburtlichkeit und geringes Geburtsgewicht erhöht, schreiben Dr. Anne­ Pham-­Huy, Universität Ottawa, und Kollegen. Die TNF-α-Blocker umfassen die Wirkstoffe Adalimumab, Etanercept, Infliximab, Certolizumab und Golimumab.

Am meisten Daten gibt’s für Infliximab und Adalimumab

Im ersten Trimenon ist die Exposition des Fetus gegenüber Biologika minimal. Die Substanzen passieren die Plazenta lediglich über einfache Diffusion. Danach nimmt der Transfer zu und erreicht nach der 36. Woche sein Maximum. Je kürzer die letzte Dosis eines Biologikums in der Schwangerschaft zurückliegt, desto höher konzentriert findet sich dieses zum Zeitpunkt der Geburt im Nabelschnurblut. Die meisten Daten hierzu gibt es für Infliximab und Adalimumab. Der Spiegel von Infliximab liegt beim Kind zum Zeitpunkt der Geburt doppelt so hoch wie bei der Mutter. Zwischen dem dritten und siebten Lebensmonat verschwindet die Substanz allerdings wieder aus dem Blut des Kindes. Adalimumab erreicht nicht ganz so hohe Konzentrationen. Bei Etanercept sind sie noch geringer und die Substanz wird schneller eliminiert. Die Evidenz zu anderen Biologika ist sehr begrenzt.

Post-Marketing-Daten zum Einsatz von Infliximab in der Schwangerschaft ergaben keinen Hinweis auf teratogene Effekte oder einen ungüns­tigen Einfluss auf den Schwangerschaftsverlauf. Auch in Kohortenstudien und einigen prospektiven Studien hat man kein erhöhtes Risiko für Fehl- bzw. Frühgeburten oder Malformationen gefunden – nicht für Infliximab und nicht für eine Reihe anderer Biologika. 

Impfen unter Biologikatherapie?

Es gibt keine Studien, die die Immunogenität von Impfstoffen bei Schwangeren unter Biologika­therapie untersucht haben. Einige Stoffe haben sich allerdings bei Nicht-Schwangeren als vermindert immunogen erwiesen. Zur Impfung in der Schwangerschaft sollten Ärzte den Routineempfehlungen folgen, schreiben die Autoren – und zwar unabhängig davon, ob eine Behandlung mit Biologika erfolgt. Ein Beispiel ist die saisonale Grippeschutzimpfung. Zunehmend gibt es auch Daten, die dafür sprechen, Schwangere gegen SARS-CoV-2 zu impfen. Denn eine Schwangerschaft erhöht das Risiko für einen schweren COVID-19-Verlauf. Für Impfungen des Kindes gilt, dass Lebendimpfstoffe in den ersten sechs bis zwölf Monaten nicht eingesetzt werden sollten. Einzige Ausnahme ist der Rotavirusimpfstoff. Hier kann es lohnen, den Restspiegel des Biologikums im Blut sowie die Immunfunktion des Kindes zu prüfen. Rotavirusinfektionen als Komplikation der Impfung sind allerdings nur bei schwerer Immuninsuffizienz zu erwarten. Alle inaktivierten Impfstoffe sollten die Kinder routinemäßig erhalten. Im Hinblick auf die Immunogenität zeigen sich i.d.R. keine Unterschiede zu nicht-exponierten Kindern. Zwei Studien weisen allerdings auf einen niedrigeren Antikörperspiegel nach Immunisierung mit dem Hib-Konjugatimpfstoff hin.

Bei anderen Biologika ist noch Vorsicht geboten

Ein erhöhtes Infektionsrisiko unter Anti-TNF-Therapien wurde in verschiedenen Studien für die Mütter, aber nicht für die Kinder festgestellt. Stillen ist unter TNF-α-Blockern als sicher anzusehen, da die Antikörper nur minimal in die Muttermilch übertreten. Es gibt also keinen Grund, wegen der Therapie auf das Stillen zu verzichten oder während der Laktation die Behandlung auszusetzen. Für andere Biologika ist mangels Daten allerdings noch Vorsicht angebracht, betonen die Autoren.

Quelle: Pham-Huy A et al. CMAJ 2021; 193: E1129-E1136; DOI: 10.1503/cmaj.202391

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Eine Remission vor der Schwangerschaft reduziert das Komplikationsrisiko. Eine Remission vor der Schwangerschaft reduziert das Komplikationsrisiko. © iStock/SanyaSM