Erfolgreich mit Biologika behandeln

Dr. Angelika Bischoff

Kommt es unter laufender Therapie zum Rezidiv, sollte man dringend handeln. Kommt es unter laufender Therapie zum Rezidiv, sollte man dringend handeln. © Immanuel Albertinen Diakonie/ endoskopiebilder.de

Inzwischen gibt es eine ganze Reihe von Biologika zur Behandlung chronisch-entzündlicher Darmerkrankungen. Damit wird es auch immer wichtiger, die Frage zu beantworten, welches Medikament für welchen Patienten bevorzugt eingesetzt werden soll.

Für die Therapie von Morbus Crohn und Colitis ulcerosa stehen heute Infliximab, Adalimumab, Vedolizumab und Ustekinumab zur Verfügung. Zuletzt wurde 2018 der JAK-Inhibitor Tofacitinib für die Colitis ulcerosa zugelassen. Professor Dr. Raja­ Atreya­, Universitätsklinikum Erlangen, gab ein paar Tipps, um die Qual der Wahl zu erleichtern. 

In einer Netzwerk-Metaanalyse erwies sich Infliximab bei anti-TNF-naiven Patienten mit Colitis ulcerosa als am wirksamsten, gefolgt von Vedolizumab. Bei Patienten, die bereits Infliximab erhalten hatten, schnitten Ustekinumab und Tofacitinib am besten ab, Adalimumab ­am schlechtesten. 

Anti-Drug-Antikörper können den Therapieerfolg gefährden

Nach primärem Nichtansprechen auf Infliximab führte der zweite Anti-TNF-α-Antikörper nur bei 30 % zur Remission, nach sekundärem Therapieversagen bei 45 % der Patienten. 

Ein Wirkverlust ist meist durch Entwicklung von Anti-Drug-Antikörpern (ADA) zu erklären. Da dieses Problem auch bei einem zweiten TNF-α-Blocker zu erwarten sei, sollte man diesen mit Azathioprin kombinieren und die Therapie mindestens sechs bis zwölf Monate durchführen, riet Prof. Atreya. Die Kombination ist deutlich effektiver als die Monotherapie.

Noch aufschlussreicher als Netzwerk-Metaanalysen sind Head-to-Head-Vergleiche. Vedolizumab hat sich bei Patienten mit Colitis ulcerosa im Vergleich zu Adalimumab im Hinblick auf die klinische Remission und das Ansprechen als überlegen erwiesen. Kein Unterschied bezüglich Remission nach 52 Wochen ergab sich in einer aktuellen Vergleichsstudie zwischen Adalimumab und Ustekinumab.

In der täglichen Praxis kämpft man allerdings damit, dass nur etwa 30 % der betreuten Patienten die Einschlusskriterien klinischer Studien erfüllen würden. „Wir behandeln individuelle Patienten, nicht Studienteilnehmer“, stellte der Referent klar. Die beste Orientierung bietet deshalb der Phänotyp. Für Crohn­patienten mit perianalen Fisteln gilt Infliximab als erstrangige Therapie, da es als einzige Substanz in dieser Population einen guten Effekt in einer kontrollierten Studie gezeigt hat. An zweiter Stelle platzierte Prof. Atreya Adalimumab aufgrund einer positiven Subgruppenanalyse der ­Zulassungsstudie. 

Eine akute schwere steroidrefraktäre Colitis ulcerosa gilt als Indikation für eine stationäre Therapie. Infliximab hat sich dabei als gleich wirksam wie Ciclosporin erwiesen. In der postoperativen Prophylaxe nach Ileozökalresektion bei Morbus Crohn konnte die endoskopische Remission mit Infliximab-Prophylaxe deutlich besser gehalten werden als mit Placebo. 

Auch entzündliche extraintestinale Begleiterkrankungen (Uveitis, Spondylarthritis, Psoriasis, Arthritis) beeinflussen die Therapieentscheidung. Der Effekt von TNF-α-Blockern ist bei all diesen Manifestationen belegt. Für alle neueren Biologika gibt es diesbezüglich aber noch Datenlücken. 

Schließlich ist die Sicherheit im Hinblick auf schwere oder opportunistische Infektionen ein entscheidender Gesichtspunkt. Am sichersten erscheint Vedolizumab, gefolgt von Ustekinumab und TNF-α-Blockern in Monotherapie. Ungünstiger sind Thiopurine, Tofacitinib und Kombinationen aus Thiopurinen und TNF-α-Blockern. Das Schlusslicht bilden Steroide. Dies darf aber kein Grund sein, eine unzureichend behandelte CED zu akzeptieren, da diese für den Patienten das größte Risiko darstellt, betonte Prof. Atreya.

Wie Privatdozent Dr. Wolfgang­ Reindl­, Universitätsmedizin Mannheim, ausführte, zeigt etwa die Hälfte der CED-Patienten, die einmal auf ein Biologikum angesprochen haben, nach einem Jahr einen Wirkverlust und braucht eine Modifikation der Therapie. Ein wesentlicher Grund dafür ist die Bildung von ADA. Diese kann sehr früh einsetzen –manchmal bereits nach der ersten Infusion.

Studien haben einen klaren Zusammenhang gezeigt zwischen dem Gewebespiegel von TNF-Antikörpern und dem Erhalt des Therapieeffekts. 

Höhe des Talspiegels korreliert mit dem Ansprechen

Auch in Kohortenstudien mit Vedolizumab und Ustekinumab war die Höhe des Talspiegels mit der Rate an klinischen Remissionen bzw. dem endoskopischen Ansprechen assoziiert.

In einer Studie mit Infliximab war ein hoher Serumspiegel des Antikörpers nur bei Patienten ohne ADA mit einem niedrigen Spiegel des Entzündungsmarkers CRP verbunden. Bei Patienten mit ADA erwies sich die Höhe des CRP-Werts dagegen nicht als abhängig von der Höhe des Infliximab-Spiegels.

Vorteile des proaktiven Vorgehens nicht erwiesen

Aus diesen Erkenntnissen entwickelte sich das Konzept, die Biologikatherapie proaktiv auf Basis des Wirkspiegels anzupassen – anstatt reaktiv erst dann, wenn eine klinische Verschlechterung eintritt. Randomisierte kontrollierte Studien, die beide Strategien verglichen haben, ergaben jedoch im Hinblick auf die Remissionsrate keinen klaren Vorteil für das proaktive laborgesteuerte Management.

Deshalb bleibt es zumindest vorerst bei der Empfehlung, den Medikamenten- und den Anti-Drug-Antikörper-Spiegel zu bestimmen, wenn unter der Therapie entzündliche Aktivität nachgewiesen wird. Werden keine ADA gefunden und ist der Medikamentenspiegel im therapeutischen Bereich, sollte man die Medikamentenklasse wechseln. Bei subtherapeutischem Spiegel kann man die Dosis steigern. Auch bei Patienten mit niedrigtitrigen Antikörpern sollte man dies tun, wenn der Medikamentenspiegel sich als subtherapeutisch erweist. Bei hochtitrigen Antikörpern hilft in diesem Fall vielleicht die Kombination mit Azathioprin weiter. Wichtig: Die ADA-Titer sollten bald nachkontrolliert werden. Bei therapeutischem Wirkspiegel ist das Vorliegen von ADA ein Grund, die Medikamentenklasse zu wechseln. Für diesen Fall gibt es keine Daten dazu, ob die Zugabe von Azathioprin effektiv ist.

Kongressbericht: Viszeralmedizin 2021

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Kommt es unter laufender Therapie zum Rezidiv, sollte man dringend handeln. Kommt es unter laufender Therapie zum Rezidiv, sollte man dringend handeln. © Immanuel Albertinen Diakonie/ endoskopiebilder.de