Wann ist die chirurgische Behandlung einer Colitis ulcerosa sinnvoll?

Dr. Daniela Erhard

In diesem Fall blieb nur die Kolektomie. Typisch: die fehlende Haustrierung (Fahrradschlauchphänomen). In diesem Fall blieb nur die Kolektomie. Typisch: die fehlende Haustrierung (Fahrradschlauchphänomen). © Rentsch M et al. internistische praxis 2020; 62: 409-418 © Mediengruppe Oberfranken - Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach

Bei einer akuten schweren Colitis ulcerosa steht der behandelnde Arzt schnell vor der Frage: Operieren oder nicht? Die Entscheidung ist nicht einfach.

Solange eine Colitis ulcerosa (CU) keine Symptome verursacht oder sich die Entzündung medikamentös in Schach halten lässt, kann man dem Patienten einen Eingriff ersparen. Bei einem fulminanten Verlauf oder wenn sich ein Tumor entwickelt hat, kommt man dagegen um eine Operation nicht herum. Weniger klar ist die Lage, wenn der akute Verlauf zwar heftig, aber noch nicht lebensbedrohlich ist.

Dann muss man umso mehr auf eine akribische interdisziplinäre Evaluation des Patienten und eine präzise Indikationsstellung achten, wie Professor Dr. Markus Rentsch vom Klinikum Ingolstadt und Kollegen in einer Übersichtsarbeit betonen. Denn bei allen Fortschritten: Das etablierte chirurgische Verfahren aus Proktokolektomie, gegebenenfalls künstlichem Darmausgang und/oder ileoanalem Pouch ist und bleibt mit erheblichen Risiken sowie Einschränkungen der Lebensqualität verbunden. Andererseits kann das Aufschieben eines letztlich erforderlichen Eingriffs das perioperative Risiko deutlich erhöhen. Bei elf Tagen Verzögerung beispielsweise verdreifacht sich die Mortalität.

Bei den meisten Patienten mit akut schwerer oder fulminanter Symptomatik ist die CU bereits bekannt. Wann immer möglich, sollte man in diesen Fällen auf eine Infektion mit Clostridioides difficile und auf Zytomegalie testen, da diese das klinische Bild der CU deutlich verschlechtern können.

Erst konservativ probieren – dann, falls nötig, operieren

Um abzuschätzen, welche Therapie bei der akuten Erkrankung die besten Chancen bietet, empfehlen die Autoren ein sequenzielles Vorgehen. Dabei gilt es zunächst, festzustellen, ob der Patient auf eine medikamentöse Therapie anspricht. Dazu behandelt man primär mit Hy­drokortison oder Methylprednisolon und überprüft nach drei Tagen den Schweregrad und die weiteren Aussichten. Bei maximal sechs Stuhlgängen täglich, normaler Körpertemperatur und Herzfrequenz, Hämoglobinwerten nicht unter 10,5 g/dl sowie einer Blutsenkungsgeschwindigkeit unter 30 mm/h kann man von einer milden bis moderaten CU ausgehen. Bei allen anderen Patienten geben Klinik und Bildgebung weiteren Aufschluss über den Schweregrad: Darmwand­ödeme findet man bei schweren Schüben. Akutes Abdomen, Kolondilatation und Sepsis sind charakteristisch für fulminante Verläufe.

Zusätzlich helfen die sogenannten Oxford-Kriterien bei der Pro­gnose. Liegt die Stuhlfrequenz auch nach drei Tagen noch bei über acht täglich bzw. über mehrere Tage bei je drei bis acht Stuhlgängen täglich und erreicht das C-reaktive Protein Werte über 45 mg/l, sollte man chirurgisch weiterbehandeln. Unter Umständen kann man erwägen, die Kortisontherapie vorerst fortzuführen oder auf Ciclosporin bzw. Infliximab umzusteigen. Spätestens nach fünf Tagen sollte man sich dann aber definitiv entscheiden, empfehlen die Ärzte.

Die Therapie mit Infliximab bewahrt mittlerweile mehr als vier von fünf Akut-Patienten vor einer Kol­ektomie. Unter Ciclosporin liegt die Quote nach Angabe der Münchner Experten etwas niedriger. Allerdings handelt es sich dabei meist nur um einen Aufschub. Innerhalb von sieben Jahren müssen sich mehr als 80 % doch einer Kolektomie unterziehen, berichten Prof. Rentsch und Kollegen. Der Anteil der Patienten, die zum Zeitpunkt des Eingriffs unter immunsuppressiver Therapie stehen, hat deshalb deutlich zugenommen. Ein Umstand, der Pro­bleme mit sich bringen kann, denn Immunsuppressiva erhöhen die Wahrscheinlichkeit für perioperative Komplikationen: eine Kortikosteroidtherapie beispielsweise um das 3,7-Fache. Im Schnitt ist jeder dritte operierte CU-Patient von Komplikationen betroffen – häufig von einer Pouchitis, die in bis zu 12 % der Fälle mit dem Entfernen des Pouches aufgrund von Versagen endet.

Das Darmkrebsrisiko ist bei CU nicht nennenswert erhöht

Ganz klar kein OP-Grund ist das vermeintlich erhöhte Darmkrebsrisiko von CU-Patienten, stellen die Autoren klar. Denn tatsächlich liege die Erkrankungswahrscheinlichkeit nach 20–25 Jahren mit CU in einem ähnlichen Bereich wie in der Normalbevölkerung. Viel wichtiger sei eine engmaschige Überwachung, um Veränderungen frühzeitig zu ­erkennen.

Quelle Text und Abb.: Rentsch M et al. internistische praxis 2020; 62: 409-418 © Mediengruppe Oberfranken - Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach

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In diesem Fall blieb nur die Kolektomie. Typisch: die fehlende Haustrierung (Fahrradschlauchphänomen). In diesem Fall blieb nur die Kolektomie. Typisch: die fehlende Haustrierung (Fahrradschlauchphänomen). © Rentsch M et al. internistische praxis 2020; 62: 409-418 © Mediengruppe Oberfranken - Fachverlage GmbH & Co. KG, Kulmbach