Kolitis: Modifiziertes Fentanyl lindert Schmerzen gezielt in geschädigtem Gewebe

Dr. Daniela Erhard

Mit dem Wirkstoff haben Wissenschaftler ein Opioid gefunden, das kolitisbedingte Schmerzen linderte, andere Funktionen aber nicht beeinträchtigte. Mit dem Wirkstoff haben Wissenschaftler ein Opioid gefunden, das kolitisbedingte Schmerzen linderte, andere Funktionen aber nicht beeinträchtigte. © iStock/Tharakorn

So hilfreich Opioide auch sind: Ihre Nebenwirkungen erschweren oft die Therapie. Ein neu entwickelter Fentanylabkömmling könnte einen Ausweg bieten.

Schmerzen mit Opioiden bekämpfen, ohne Nebenwirkungen und Abhängigkeit zu riskieren? Zumindest im Mausmodell scheint das zu funktionieren. Mit NFEPP* haben Wissenschaftler um Nestor Nivardo Jiménez-Vargas von der Gastrointestinal Diseases Research Unit am Kingston General Hospital ein Opioid gefunden, das kolitisbedingte Schmerzen bei den Tieren linderte, andere Funktionen aber nicht beeinträchtigte. Der Grund: NFEPP – ein fluorierter Abkömmling des Analgetikums Fentanyl – entfaltet seine Wirkung nur in entzündetem Gewebe. Entwickelt wurde er durch Professor Dr. Christoph Stein von der Charité Berlin, der ebenfalls an der Studie beteiligt war.

Weniger Nebenwirkungen im Tierversuch

Applizierten die Forscher den Tieren die neue Verbindung, reduzierte das die vasomotorischen Reaktionen auf Darmdehnungen um bis zu 65 % – aber nur bei Mäusen, die unter einer akuten Kolitis litten. Fentanyl dagegen verringerte die Darmbewegungen bei kranken Tieren um 80, dazu aber auch bei gesunden um 68 %. Und es sorgte für bekannte Nebenwirkungen: deutlich verzögerte Reaktion auf externe Schmerzreize, seltenerer Stuhlgang, kurzzeitige Abnahme von Herzrate und Sauerstoffsättigung sowie Hyperaktivität. Alles Zeichen, die sich unter dem modifizierten Fentanyl nicht beobachten ließen, was darauf schließen lässt, dass die Substanz nur mit Neuronen in erkranktem Gewebe interagiert.

Offenbar macht der pH-Wert den Unterschied

Erklären lässt sich das mit dem dort vorherrschenden pH-Wert. Er lag in der Studie bei 6,7 und damit um etwa 0,3 niedriger als in gesunden Darmabschnitten. Offenbar wirkt NFEPP nur unter sauren Bedingungen. Dafür sprechen auch In-vitro-Experimente. So inhibierte NFEPP bei einem pH-Wert von 6,5 bzw. 6,8 an einzelnen Nerven die Erregbarkeit und verlangsamte das Weiterleiten von Signalen. Auch die Darmkontraktionen fielen weniger intensiv aus. Erhöhten die Forscher den pH-Wert auf physiologischere 7,4, löste dies die Wirkung wieder auf.

* N-(3-Fluoro-1-Phenethylpiperidin-4-yl)-N-Phenylpropionamid

Quellen:
1. Jiménez-Vargas NN et al. Gut 2021; DOI: 10.1136/gutjnl-2021-324070
2. Pressemitteilung New York University

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Mit dem Wirkstoff haben Wissenschaftler ein Opioid gefunden, das kolitisbedingte Schmerzen linderte, andere Funktionen aber nicht beeinträchtigte. Mit dem Wirkstoff haben Wissenschaftler ein Opioid gefunden, das kolitisbedingte Schmerzen linderte, andere Funktionen aber nicht beeinträchtigte. © iStock/Tharakorn