Ohr funkt SOS

Dr. Dorothea Ranft

Die Störung der Ionenhomöostase führt sofort oder mit einer gewissen Latenz zu einem möglicherweise vollständigen Hörverlust. Die Störung der Ionenhomöostase führt sofort oder mit einer gewissen Latenz zu einem möglicherweise vollständigen Hörverlust. © Aleksej Sarifulin

Patient geheilt, dafür klingelt’s nun aber mächtig im Ohr? Da eine Vielzahl unterschiedlicher Krankheiten mit Arzneistoffen behandelt wird, die einen Tinnitus auslösen können, ist das Problem nicht nur für Hals-Nasen-Ohrenärzte von Bedeutung.

Zu den bekanntermaßen ohrschädigenden Substanzen zählen die Diuretika Furosemid und Torasemid, dieses vor allem bei Niereninsuffizienz. Zum Pathomechanismus wird eine Beeinträchtigung des Natrium- und Kaliumtransports vermutet. Die Störung der Ionenhomöostase führt sofort oder mit einer gewissen Latenz zu einem möglicherweise vollständigen Hörverlust, schreibt Dr. Peter Schweikert- Wehner von der Apotheke am Kreiskrankenhaus in Mechernich. Begleitet sein kann das von zeitweiligem oder permanentem Tinnitus.

Auch Acetylsalicylsäure vermag in hoher Dosierung das Hörvermögen einzuschränken, was sich initial mit Ohrgeräuschen bemerkbar machen kann, so der Apotheker. Als Ursache wird eine Minderdurchblutung im Kapillarbett des Innenohrs angenommen.

Mit ototoxisch bedingten Ohrtönen ist zudem bei vielen Antiinfektiva zu rechnen, darunter Azithromycin, Clarithromycin und Erythromycin. Aminoglykoside wie Neomycin und Gentamicin können die Haarzellen des Innenohrs bereits in niedrigen Tagesdosen schädigen. Ursächlich ist die verminderte Kaliumpermeabilität der Zellmembran.

Zu den potenziell neurotoxischen Zytostatika zählen Taxane, Platinderivate, Vinca-Alkaloide und Bortezomib. Auch Etoposid kann das Klingeln, Pfeifen und Rauschen erzeugen. Bei einem knappen Drittel der mit Cisplatin behandelten Patienten kommt es zur Beeinträchtigung des Gehörs, auch zusammen mit einem Tinnitus. Dieser Effekt ist kumulativ und kann reversibel sein, mitunter ist nur ein Ohr betroffen. Dr. Schweikert-Wehner empfiehlt, bei Tinnitusbetroffenen ohne zwingende Indikation auf
bekanntermaßen ototoxische Substanzen zu verzichten.

Daneben gibt es zahlreiche Medikamente, die Tinnitus auslösen können, ohne dass für sie die Otoxizität nachgewiesen wäre. Solche Präparate sind dann zu meiden, wenn ihre Anwendung häufig, also bei 1 % bis unter 10 % der Patienten, zu Ohrgeräuschen führt.

Ohr in Saus und Braus

Diese Wirkstoffe sind häufig Auslöser von Ohrgeräuschen, auch ohne
nachgewiesene Ototoxizität:

NSAR

Indometacin, Nabumeton, Naproxen, Piroxicam

Antirheumatika

Sulfasalazin

Opioide

Buprenorphin

Antidepressiva

Clomipramin, Citalopram, Buspiron, Sertralin

Antiinfektiva

Norfloxacin, Ribavirin

Kinaseinhibitoren

Dasatinib, Sorafenib

andere

Agalsidase alfa und beta, Interferon alfa und beta,

Risedronat, Flecainid

Ein Dilemma stellt die Behandlung bei akutem Tinnitus dar. Oft werden bei dieser Indikation Glukokortikoide eingesetzt, von denen etwa Dexamethason und Hydrokortison als potenziell ohrschädigend gelten. Aber zumindest für Prednisolon ist laut Dr. Scheikert-Wehner das Auslösen oder Verstärken des Ohrensausens bisher nicht beschrieben.

Quelle: Schweikert-Wehner P. internistische praxis 2022; 65: 324-328

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Die Störung der Ionenhomöostase führt sofort oder mit einer gewissen Latenz zu einem möglicherweise vollständigen Hörverlust. Die Störung der Ionenhomöostase führt sofort oder mit einer gewissen Latenz zu einem möglicherweise vollständigen Hörverlust. © Aleksej Sarifulin