
Ohr funkt SOS

Zu den bekanntermaßen ohrschädigenden Substanzen zählen die Diuretika Furosemid und Torasemid, dieses vor allem bei Niereninsuffizienz. Zum Pathomechanismus wird eine Beeinträchtigung des Natrium- und Kaliumtransports vermutet. Die Störung der Ionenhomöostase führt sofort oder mit einer gewissen Latenz zu einem möglicherweise vollständigen Hörverlust, schreibt Dr. Peter Schweikert- Wehner von der Apotheke am Kreiskrankenhaus in Mechernich. Begleitet sein kann das von zeitweiligem oder permanentem Tinnitus.
Auch Acetylsalicylsäure vermag in hoher Dosierung das Hörvermögen einzuschränken, was sich initial mit Ohrgeräuschen bemerkbar machen kann, so der Apotheker. Als Ursache wird eine Minderdurchblutung im Kapillarbett des Innenohrs angenommen.
Mit ototoxisch bedingten Ohrtönen ist zudem bei vielen Antiinfektiva zu rechnen, darunter Azithromycin, Clarithromycin und Erythromycin. Aminoglykoside wie Neomycin und Gentamicin können die Haarzellen des Innenohrs bereits in niedrigen Tagesdosen schädigen. Ursächlich ist die verminderte Kaliumpermeabilität der Zellmembran.
Zu den potenziell neurotoxischen Zytostatika zählen Taxane, Platinderivate, Vinca-Alkaloide und Bortezomib. Auch Etoposid kann das Klingeln, Pfeifen und Rauschen erzeugen. Bei einem knappen Drittel der mit Cisplatin behandelten Patienten kommt es zur Beeinträchtigung des Gehörs, auch zusammen mit einem Tinnitus. Dieser Effekt ist kumulativ und kann reversibel sein, mitunter ist nur ein Ohr betroffen. Dr. Schweikert-Wehner empfiehlt, bei Tinnitusbetroffenen ohne zwingende Indikation auf
bekanntermaßen ototoxische Substanzen zu verzichten.
Daneben gibt es zahlreiche Medikamente, die Tinnitus auslösen können, ohne dass für sie die Otoxizität nachgewiesen wäre. Solche Präparate sind dann zu meiden, wenn ihre Anwendung häufig, also bei 1 % bis unter 10 % der Patienten, zu Ohrgeräuschen führt.
Ohr in Saus und Braus | |
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Diese Wirkstoffe sind häufig Auslöser von Ohrgeräuschen, auch ohne | |
NSAR | Indometacin, Nabumeton, Naproxen, Piroxicam |
Antirheumatika | Sulfasalazin |
Opioide | Buprenorphin |
Antidepressiva | Clomipramin, Citalopram, Buspiron, Sertralin |
Antiinfektiva | Norfloxacin, Ribavirin |
Kinaseinhibitoren | Dasatinib, Sorafenib |
andere | Agalsidase alfa und beta, Interferon alfa und beta, Risedronat, Flecainid |
Ein Dilemma stellt die Behandlung bei akutem Tinnitus dar. Oft werden bei dieser Indikation Glukokortikoide eingesetzt, von denen etwa Dexamethason und Hydrokortison als potenziell ohrschädigend gelten. Aber zumindest für Prednisolon ist laut Dr. Scheikert-Wehner das Auslösen oder Verstärken des Ohrensausens bisher nicht beschrieben.
Quelle: Schweikert-Wehner P. internistische praxis 2022; 65: 324-328
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