Pille als Off-Label-Use?

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Darf die Antibabypille verordnet werden, wenn die Verhütung aus medizinischer Sicht vonnöten ist?

 

Ein Facharzt für Allgemeinmedizin fragt:

Die Verordnung der Antibabypille bei an Akne leidenden Frauen, die älter als 20 Jahre alt sind, wird nach einem rechtskräftigem Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf als unzulässiger Off-Label-Use angesehen.

Darf ein Ovulationshemmer dann wenigstens den Patientinnen rezeptiert werden, die das Aknetherapeutikum Isotretinoin einnehmen? Eine Schwangerschaft unter diesem Medikament führt zur Embryopathie. Eine, vorzugsweise zwei Verhütungsmethoden während der Therapie werden zwingend gefordert.

Isabel Kuhlen, Rechtsanwältin und Apothekerin, Mönchengladbach:

In dem von dem Arzt angesprochenen Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf (Az.: S 14 KA 166/07) kam dieses zu dem Ergebnis, dass ein Arzt, der die Antibabypille nur zur Behandlung von Akne verordnet hat, einen Regress an die gesetzliche Krankenkasse leisten muss. Nach § 31 SGB V müssen gesetzliche Krankenversicherungen zwar die Kosten apothekenpflichtiger Arzneimittel übernehmen.

Empfängnisverhütende Mittel sind nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts aber keine Arzneimittel im Sinne des § 31 SGB V, da sie nicht der Behandlung einer Krankheit, sondern der Empfängnisverhütung dienen.


Der Einwand des im Fall des Sozialgerichts Düsseldorf klagenden Gynäkologen, mit der Antibabypille habe er Hautprobleme wirksam und kostengünstig behandeln wollen, brachte im konkreten Fall kein anderes Ergebnis. Da das Arzneimittel für diese Erkrankung nicht zugelassen war, lag ein Off-Label-Use vor.


Verordnungen im Rahmen des Off-Label-Use sind zulasten der GKV nur möglich, wenn es sich um eine schwerwiegende Erkrankung handelt, für die keine alternative Therapie zur Verfügung steht und aufgrund der Datenlage begründete Aussicht auf einen Behandlungserfolg besteht. Beim Vorliegen einer Akneerkrankung werden sich im Regelfall schon Probleme bei der Darstellung einer schwerwiegenden Erkrankung ergeben. Darüber hinaus existieren häufig Behandlungsalternativen.


Etwas anderes würde gelten, wenn das konkret verordnete Arzneimittel auch zur Aknetherapie selbst zugelassen wäre. Dann läge kein Off-Label-Use vor und die Verordnung könnte – soweit kein anderweitiger Ausschluss geregelt ist – zulasten der GKV erfolgen.


Beim Einsatz von Ovulationshemmern im Rahmen einer anderweitigen Aknetherapie mit Isotretinoin, gilt nichts anderes: Zwar werden diese im Zusammenhang mit einer ärztlich verordneten Arzneimitteltherapie, die zur Heilung bzw. Linderung von Krankheitsbeschwerden vorgesehen ist, eingesetzt.

Die Kontrazeptiva dienen aber auch bei einem solchen Einsatz selbst nicht der Linderung oder Heilung einer Erkrankung. Sie müssen nur im Rahmen einer solchen Arzneimitteltherapie ergänzend eingesetzt werden, um Schäden für ungeborenes Leben zu verhindern. Daher können sie – entsprechend der bisherigen Rechtsprechung des BSG – auch in dieser konkreten Anwendung nicht als Arzneimittel im Sinne des § 31 SGB V angesehen werden.

Dementsprechend sind die Kontrazeptiva auch als Begleitmedikation einer Isotretinoin-Behandlung nur im Rahmen des § 24a SGB V zulasten der GKV verordnungsfähig. Als empfängnisverhütende Mittel dürfen sie folglich nur bei Versicherten bis zum vollendeten 20. Lebensjahr zulasten der GKV verordnet werden.

 

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