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Platinbasierte Chemotherapie führt zu schwerer, bleibender Nebenwirkung

Bei einem 74-jährigen Mann wurde als Ursache eines schmerzlosen Ikterus ein neuroendokrines Karzinom (NEC) des Pankreaskopfes mit pulmonalen und hepatischen Metastasen und hoher Proliferationsratediagnostiziert. Der Allgemeinzustand des Patienten war leicht eingeschränkt (ECOG* 1). In der Vorgeschichte bestand ein Zökumkarzinom, das vor zehn Jahren adjuvant mit einer Chemotherapie behandelt worden war. Außerdem hatte er einen Diabetes, der in den letzten zwei Jahren immer schwieriger einzustellen war.
Das Tumorboard empfahl zur Therapie des metastasierten NEC eine Systemtherapie mit Cisplatin und Etoposid. Die Therapie wurde stationär eingeleitet und der Patient vertrug den ersten Chemotherapiezyklus gut, berichtete Dr. Jan Peveling-Oberhag vom Klinikum Stuttgart. Der zweite Zyklus sollte in der Tagesklinik verabreicht werden. Der diensthabende Arzt notierte „Sprachbarriere, massive Fatigue, Patient in Begleitung der Angehörigen im Rollstuhl, Zyklus wird verschoben.“
Auch eine Woche später wurde der Patient stark geschwächt im Rollstuhl vorstellig. Die Kommunikation wurde abermals als schwierig dokumentiert, es bestand aber weiterhin ein Therapiewunsch. Nach Rücksprache mit dem Oberarzt wurde die Behandlung mit Cisplatin/Etoposid fortgesetzt. Nach gut zwei Monaten (3. Zyklus) erfolgte wegen des schlechten Zustands des Patienten ein frühes Staging. „Wir waren ganz überrascht“, sagte Dr. Peveling-Oberhag. Der Primärtumor war fast verschwunden und auch die Lebermetastasen waren zurückgegangen. Trotz gutem Ansprechen ging es dem Patienten aber sehr schlecht. Er hatte eine schwerste chemotherapie-induzierte Polyneuropathie (CIPN Grad 3) entwickelt. Die schwierige Kommunikation war wahrscheinlich auf eine platinbedingte Schwerhörigkeit zurückzuführen.
Um eine CIPN zu vermeiden, ist es wichtig, Vortherapien und Vorerkrankungen zu beachten. Es muss vor der Therapie daher mit dem Patienten über diese Nebenwirkung gesprochen werden. Die genaue, objektivierbare Befunderhebung sollte vor jedem Chemotherapiezyklus erfolgen, z. B. mit Patientenfragebogen. Evidenzbasierte Maßnahmen zur Prophylaxe oder Therapie der CIPN gibt es nicht. „Entscheidend ist die frühzeitige Dosisreduktion des Platins“, betonte Dr. Peveling-Oberhag.
Der Patient hatte als Vorerkrankung einen Diabetes und vor zehn Jahren schon Oxaliplatin bekommen. Er wies bereits vor Therapiebeginn eine Polyneuropathie auf. Das war auch dokumentiert, aber bei der Therapie nicht beachtet worden. Die erneute platinbasierte Chemotherapie brachte ihn schließlich in den Rollstuhl.
* Eastern Cooperative Oncology Group
Quelle: Viszeralmedizin 2024
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