Pneumokokken-Schutz bereits ab 50?

Dr. Stefanie Kronenberger, Foto: fotolia/psdesign1

Alle Kinder und alle Senioren sollen gemäß der STIKO*-Empfehlungen vor Pneumokokkeninfektionen geschützt werden. Wäre es da nicht sinnvoll, auch jüngere Erwachsene zu impfen? Zwei Experten haben die Pro-und-Contra-Punkte zusammengefasst.

Der Erreger Streptokokkus pneumoniae kann verschiedene Infektionen verursachen. Man unterscheidet vor allem die häufig vorkommende ambulant erworbene Pneumonie von den selteneren invasiven Pneumokokkeninfektionen (IPD) mit Erregernachweis in sterilen Medien und der Pneumokokkenmeningitis. Betroffen sind vor allem Kleinkinder, Senioren, chronisch Kranke und immunschwache Personen.

Prof. Dalhoff: "Impfung für alle nicht sinnvoll"

Schon seit vielen Jahren wird die 23valente Pneumokokkenvakzine PPV23 verwendet. Sie schützt vor der IPD, nicht aber vor der Pneumonie. Der neuere Konjugatimpfstoff PCV13 dagegen verringert auch die Pneumonieraten und die Kolonisation z.B. nasopharyngeal.

 

Pneumokokkenimpfung nach STIKO-Empfehlung

 

Grundsätzlich sollten alle Kinder bereits im Baby- und Kleinkindalter gegen Pneumokokken grundimmunisiert werden. Zudem rät die STIKO zu einer Standardimpfung für alle Personen ab 60 Jahre.

Während Kinder die PCV13 erhalten sollten, wird für die Älteren weiterhin zur Verwendung von PPV23 geraten.

Chronisch Kranke können beide Impfstoffe erhalten und bei Immundefizienz raten die STIKO-Experten zu einer sequenziellen Impfung mit PCV13 gefolgt von PPV23.


Er trägt so zusätzlich zu verbesserter Herdenimmunität bei. Allerdings weiß man, dass die 13 Ziel-Serotypen der PCV13 bei Senioren seltener werden, sodass diese Personengruppe die herkömmliche PPV23 erhalten soll.

Das Risiko einer Pneumonie oder einer IPD steigt vor allem ab einem Alter von 50 Jahren an. Wenn jüngere Erwachsene erkranken, dann meist Eltern nicht geimpfter Kinder, berichtet der Pneumologe Professor Dr. Klaus Dalhoff von der Medizinischen Klinik III vom Universitätsklinikum Schleswig-Holstein in Lübeck.

Daher sollte seines Erachtens der Herdenschutz durch konsequente Durchimpfung der Kinder verbessert werden. Eine "Impfung für alle" hält er nicht für sinnvoll.

Dagegen hält Professor Dr. Mathias W. Pletz vom Zentrum für Infektionsmedizin und Krankenhaushygiene am Universitätsklinikum Jena die Ausweitung der generellen Impfung auf Personen ab 50 Jahren für sinnvoll.

Er argumentiert mit der besseren Impfantwort bei jüngeren immunkompetenten Personen. Das gelte auch für die PCV13-Vakzine, für die inzwischen lang anhaltender Schutz nachgewiesen wurde.

Ausfall der Produktivität ist auch ein Argument

Obwohl Menschen zwischen 50 und 60 Jahren seltener als über 60-Jährige an einer Pneumokokkeninfektion erkranken, tragen sie dennoch bereits eine erhebliche Krankheitslast, so der Experte. Jährlich ließen sich in dieser Personengruppe durch eine Impfung hochgerechnet bis etwa 3700 Hospitalisierungen und 39 bis 77 Todesfälle wegen Pneumokokkenpneumonien verhindern.

Die Vermeidung der viel häufigeren ambulanten Fälle kann man erst gar nicht beziffern, meint der Kollege. Die Tatsache, dass die unter 60-Jährigen in der Regel noch im Berufsleben stehen und Krankheit immer Ausfall der Produktivität bedeutet, spricht ebenfalls für den frühen Impfschutz.

Vor allem die PCV13 Impfung hält der Infektiologe bei jüngeren Erwachsenen für geeignet. Sie schützt auch vor den nicht invasiven Infektionen, die ja in dieser Personengruppe häufiger vorkommen.

Zudem geht diese Vakzine bei Wiederholungsimpfungen nicht – wie die PPV23 – mit vermindertem Ansprechen (Hyporesponsiveness) einher. Damit kann in höherem Alter dann eine erneute Impfung erfolgen.


*Ständige Impfkommission am Robert Koch-Institut

Quelle: Klaus Dalhoff, Mathias W. Pletz, Dtsch Med Wochenschr 2015; 140: 1774-1775

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