Pneumonie bei Betagten oft ganz ohne Fieber!

Anja Braunwarth

Passen Sie auf die Lungen Ihrer Patienten im Alten- und Pflegeheim auf! Vor allem bei ihnen gilt die ambulant erworbene Pneumonie nach wie vor als potenzieller Killer. Das Fatale: Bei alten Menschen kann die Pneumonie äußerst symptomarm verlaufen.

In Deutschland erkranken jedes Jahr mindestens 400 000 Menschen an einer ambulant erworbenen Pneumonie. „Die mittlere Sterblichkeit ist mit 13,9 % hoch, insbesondere bei Patienten aus Alten- und Pflegeheimen“, schreibt Professor Dr. Tobias Welte von der Abteilung für Pneumologie der MH Hannover im „Internisten“.

Auf Auskultation ist kein Verlass

Üblicherweise erwartet man bei einer Pneumonie die typischen respiratorischen Zeichen – Husten, eitriger Auswurf, Dyspnoe, Tachypnoe, evtl. Zyanose oder Pleuraschmer-
zen – und Allgemeinsymptome wie Fieber, Schüttelfrost, Kopf- und Gliederschmerzen. Auch können die Patienten neurologische Zeichen wie Verwirrtheit oder Halluzinationen aufweisen. Bei alten Menschen muss man jedoch damit rechnen, dass sie kaum klinische Symptome bieten, was in die diagnostische Falle führen kann. So ist fehlendes Fieber mit einer eher schlechten Prognose assoziiert – für Prof. Welte ein Hinweis, dass die Betroffenen aufgrund ihrer Symptomarmut zu spät behandelt wurden.

Da auch auf den Auskultationsbefund kein Verlass ist – Sensitivität und Spezifität der Methode sind gering –, braucht es einen Röntgenthorax in zwei Ebenen, um den Pneumonieverdacht zu sichern. Allerdings gelingt auch dies keineswegs immer. Besteht trotz unauffälligem Röntgenbefund klinisch weiter der begründete Verdacht auf eine Pneumonie und geht es dem Patienten trotz antibiotischer Therapie nicht besser, muss entweder die Röntgenaufnahme nach 24 bis 48 Stunden wiederholt oder ein Thorax-CT durchgeführt werden.

Ein Anstieg des CRP oder des Procalcitoninwertes ist wegweisend, aber nicht infektionsbeweisend, erinnert Prof. Welte. Handelt es sich um eine bakterielle Pneumonie, liegt meist, aber nicht immer, eine Leukozytose mit Linksverschiebung vor. „Eine Leukopenie kann Zeichen einer bereits septisch verlaufenden Infektion sein und ist ein prognostisch schlechtes Zeichen.“ Auf die mikrobiologische Diagnostik kann bei ambulant behandelbaren Patienten verzichtet werden.

Welcher Patient muss ins Krankenhaus?

Wie lässt sich jedoch im Praxis-alltag zügig entscheiden, ob ein Patient ins Krankenhaus gehört oder ambulant betreut werden kann? Hier hilft der sog. CRB-65-Score (s. Kasten) weiter. Weist der Patient kein einziges der genannten Kriterien auf, ist die ambulante Therapie in der Regel möglich. Kommen zu einem positiven Kriterium noch Risikofaktoren hinzu, muss die stationäre Einweisung erwogen werden.

Wie sieht die ambulante Therapie aus? Patienten mit niedrigem Risiko (CRB-65 = 0) und ohne weitere Risikofaktoren erhalten gewichtsadaptiert Amoxicillin. Alternativ kommen Makrolide oder Doxycyclin infrage. Wie neuere Studien gezeigt haben, ist bei Niedrigrisikopatienten eine Therapiedauer von fünf Tagen, bei schwerer Erkrankten von sieben Tagen effektiv, schreibt Prof. Welte.
Liegen Risikofaktoren (s. Kasten) vor, sollte Amoxicillin mit Clavulansäure kombiniert oder Sultamicillin gegeben werden. Alternativ bieten sich für diese Patienten Levofloxacin, Moxifloxacin, Cefpodoximproxetil und Cefuroximaxetil an.

Tobias Welte, Internist 2009; 50: 331–340

CRB-65-Score
C = Confusion (Bewusstseinseinschränkung)
R = Atemfrequenz ≥ 30/min
B = systolischer Blutdruck < 90 mm/Hg 65 = Alter ≥ 65 Jahre

  • Kein Zeichen positiv: ambulante Behandlung möglich
  • Ein Zeichen positiv: stationäre Aufnahme erwägen bei Risikofaktoren (Herzinsuffizienz, Leberzirrhose, chronische Lungenkrankheit, neurologische Erkrankungen, Alkoholabusus)
  • Mindestens 2 Zeichen positiv: Stationäre Behandlung einleiten

 

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