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Post-COVID jagt das Herz

Das posturale Tachykardiesyndrom nach COVID-19 macht sich typischerweise mit Herzklopfen im Stehen oder bei minimaler Anstrengung bemerkbar. Zusätzlich kommt es häufig zu Schwindel, Kurzatmigkeit und Brustschmerz, zu Schweißausbrüchen und Blähungen. Die Beschwerden persistieren definitionsgemäß mindestens drei Monate nach der akuten Infektion mit dem Coronavirus. Ausgelöst werden sie wahrscheinlich durch eine Fehlregulation des autonomen Nervensystems.
Eine detaillierte Anamnese kann den Betroffenen viele unnötige Untersuchungen ersparen, betont ein Autorenteam um Dr. Ana Espinosa-Gonzales vom Imperial College in London. An erster Stelle steht die Suche nach Warnzeichen für eine kardiale Ischämie, zum Zweiten ist nach typischen Symptomen des posturalen orthostatischen Tachykardiesyndroms zu fragen. Die Beschwerden unterliegen oftmals tageszeitlichen Schwankungen und zeigen sich mit klarem Bezug zu einem Wechsel in der Körperhaltung. Häufig lassen sich Trigger ausmachen:
- körperliche Anstrengung
- schwere Mahlzeiten
- Alkoholkonsum
- höhere Umgebungstemperaturen
Mit der körperlichen Untersuchung müssen seltene, aber dringend behandlungsbedürftige Erkrankungen wie Lungenembolie, Herzinsuffizienz und Sepsis ausgeschlossen werden. Auch thyreotoxische Krisen, Anämien oder Angststörungen kommen differenzialdiagnostisch in Betracht.
Standardisierte Messverfahren erleichtern den Nachweis des Syndroms. Für die Praxis eignet sich zum Beispiel der aktive Stehtest. Dabei werden Blutdruck und Herzfrequenz in drei unterschiedlichen Situationen erfasst:
- nach fünf Minuten in Rückenlage
- unmittelbar nach dem Aufstehen aus dem Liegen
- nach weiteren zehn Minuten
Dieses recht einfache Verfahren liefert allerdings lediglich eine Momentaufnahme. Alternativ kann der Betroffene Blutdruck und Herzfrequenz zu verschiedenen Tageszeiten selbst messen und die Symptome notieren.
COVID-19-Patienten mit posturalem Tachykardiesyndrom sind oft schon beruhigt, wenn sie den Grund ihrer Beschwerden kennen. Falls das nicht ausreicht, bieten sich verschiedene nicht-medikamentöse Maßnahmen an. Dazu gehört allem voran eine ausreichende Trinkmenge von zwei bis drei Litern täglich. Sofern keine Kontraindikationen wie ein Hypertonus vorliegen, sollte der Patient täglich ca. 10 g Kochsalz zu sich nehmen. Das entspricht etwa der Menge von einem bis zwei Teelöffeln. Auch Stützstrümpfe können die Beschwerden bessern. Bekannte Trigger sind tunlichst zu meiden.
Beim Sport unbedingt die Belastungsgrenze beachten
Hohen Stellenwert in der Behandlung hat ausreichende körperliche Bewegung. Den Anfang macht der Patient mit leichten isometrischen Übungen. Später kann er zu intensiverem aerobem Training übergehen, ergänzt um Ausdauersportarten wie Radfahren und Schwimmen. Zudem haben sich Entspannungstechniken wie Yoga bewährt.
Unter einer solchen aktivierenden Behandlung kommt es des Öfteren zur Verschlechterung der Symptomatik. Umso wichtiger ist es, die Belastungsgrenze nicht zu überschreiten. Wenn die nicht-medikamentösen Maßnahmen nicht greifen und wenn der Patient im Beruf oder in einem anderen Lebensbereich stark beeinträchtigt ist, helfen nötigenfalls Medikamente weiter.
Geeignet sind unter anderem Propranolol, Ivabradin, Pyridostigmin, Clonidin und Methyldopa. Mangels Zulassung für die Indikation muss die Verordnung allerdings off label erfolgen, betonen Dr. Espinosa-Gonzales und Kollegen. Wenn sich nach vier bis sechs Wochen kein ausreichender Effekt einstellt, sollte man den Wirkstoff wechseln.
Arzneimittel, die eine Tachykardie verstärken können, sollten nach Möglichkeit abgesetzt, zumindest aber in ihrer Dosierung reduziert werden. Hierzu zählen die Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer wie Duloxetin und trizyklische Antidepressiva. Auch blutdrucksenkende Medikamente wie Diuretika, Opioide, Nifedipin und Nitrate sind zu meiden.
Quelle: Espinosa-Gonzalez AB et al. BMJ 2023; 380: e073488; DOI: 10.1136/bmj-2022-073488
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