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Präeklampsie rechtzeitig Paroli bieten
Die Präeklampsie beginnt bereits in der Frühschwangerschaft. Im Vordergrund steht eine gestörte Implantation und Entwicklung der Plazenta, erläuterte Professor Dr. Henning Schneider von der Frauenklinik am Inselspital Bern beim Kongress Pränatal- und Geburtsmedizin. Auf Grund der vermehrten Freisetzung von Mediatoren, Zytokinen und Trophoblastfragmenten ins mütterliche System kommt es zur generalisierten endothelialen Dysfunktion. Die Folge sind Störungen unterschiedlichster Organe, so dass von einer mütterlichen Systemerkrankung gesprochen werden kann.
Vermutlich sind bei der beobachteten verminderten Trophoblastinvasion Autoimmunvorgänge im Spiel, ergänzte Professor Dr. Wolfgang Holzgreve von der Universitäts-Frauenklinik Basel. Typische Laborbefunde bei Präeklampsie sind der Anstieg kernhaltiger roter Blutkörperchen, ein erhöhter Anteil kindlicher DNA im Blut der Mutter und vermehrte mütterliche DNA in ihrem eigenen Plasma. Das aktivierte Endothel zieht z.B. Folgeschäden an Niere und Leber nach sich.
Diastolischer Zielwert 90 bis 100 mmHg
Die immunologische Maladaptation des Embryos zur Mutter steht bei der Präeklampsie am Anfang, die Endothelstörung am Schluss, konstatierte Privatdozent Dr. Ernst Beinder von der Universitäts-Frauenklinik Erlangen. Daraus resultieren Hypertonie, verminderte uteroplazentare Perfusion, fetale Wachstumsretardierung, Plättchenaktivierung, Ödeme und Proteinurie. "Ideal wäre, ganz oben anzugreifen, doch derzeit kurieren wir am Ende", bedauerte der Experte.
Gemäß den Leitlinien der Arbeitsgemeinschaft Gestose ist ein erhöhter Blutdruck nur auf Zielwerte von systolisch 140 bis 160 mmHg und diastolisch auf 90 bis 100 mmHg abzusenken. Therapie der Wahl ist Dihydralazin (Nepresol®), alternativ können Urapidil oder Nifedipin eingesetzt werden - beide Substanzen sind für Schwangere aber nicht offiziell zugelassen. Dr. Beinder würde CTG-Kontrollen durchführen und zusätzlich kolloidale oder kristalloide Lösungen infundieren. In der ambulanten Betreuung von Patientinnen mit präexistenter chronischer Hypertonie ist Methyldopa (Presinol®) Mittel der ersten Wahl, eine Alternative stellen Betablocker dar. Der Zielblutdruck ist der Gleiche wie oben erwähnt. Als antikonvulsive Therapie und Anfallsprophylaxe ist Magnesiumsulfat i.v. Mittel der Wahl.
Zur Behandlung mit Wachstumsfaktoren, Hämodilution oder Vasodilatanzien liegen laut Dr. Beinder noch keine wirklich guten Daten vor. Geprüft wird derzeit vor allem der Effekt von Antioxidanzien, denn das Serum präeklamptischer Schwangerer besitzt vermehrte Oxidationskapazität, und es kommt zum Absinken der NO-Produktion in den Endothelzellen.
Vitamin C und E enttäuschten
Vitamin C und E zeigten prophylaktische Effekte, konnten aber bei manifester Präeklampsie nicht überzeugen. Von großem Interesse sind die NO-Donatoren, die den Blutdruck, die Plättchenaggregation und uteroplazentare Durchblutung günstig beeinflussen, aber auch heftige Kopfschmerzen auslösen können. Leider gibt es gegenwärtig noch keine innovative Therapie, doch ist die Zeit reif für innovative Therapiestudien, resümierte Dr. Beinder.
ASS bei abnormem Dopplerbefund
Bei etablierter Präeklampsie hat die Gabe von Acetylsalicylsäure (ASS) keinen Effekt. ASS in einer täglichen Dosierung von 100 mg nützt jedoch zur Prävention, wenn ein abnormer Dopplersonographiebefund der Uteringefäße vorliegt. Einer Metaanalyse zufolge lässt sich die Präeklampsierate um 45 % (!) reduzieren, und die Neugeborenen wiegen durchschnittlich 82 g mehr.
Über die Therapiedauer und ASS-Dosis ist das letzte Wort noch nicht gesprochen, vermutlich ist eine differenziertere, gewichtsadaptierte Dosierung sinnvoller als die übliche Gabe von 100 mg ASS, so Dr. Beinder. Aktuelle Empfehlungen gibt es seitens der Gesellschaft für Thrombose und Hämostaseforschung, berichtete Prof. Holzgreve. Demnach ist bei Präeklampsie/Eklampsie oder HELLP-Syndrom ein Thrombophiliescreening indiziert. Beim Nachweis angeborener oder erworbener Thrombophilien, vor allem beim Antiphospholipid-Syndrom, sind niedermolekulare Heparine ab der 10. bis 12. SSW bis zu sechs Wochen post partum zu applizieren - in Kombination mit der täglichen oralen Gabe von 100 mg ASS bis zur 37./38. SSW.
Bei Zustand nach schwerer Präeklampsie/Eklampsie oder HELLP-Syndrom vor der 32. SSW und Fehlen thrombophiler Risikofaktoren ist in der folgenden Schwangerschaft die orale Zufuhr von 100 mg ASS bis zur 37./38. SSW indiziert. Der zusätzliche Effekt niedermolekularer Heparine auf den Schwangerschaftsverlauf muss noch durch laufende Studien geprüft werden.
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