Pruritus bei inneren Erkrankungen bremsen

Dr. Dorothea Ranft

Pruritus: Haut und Psyche leiden unter dem chronischen Juckreiz
© thinkstock Pruritus: Haut und Psyche leiden unter dem chronischen Juckreiz © thinkstock

Der unstillbare Juckreiz macht Patienten mit chronischen Nieren- oder Lebererkrankungen oft das Leben zur Hölle. Für den Arzt ist die Therapie häufig eine Herausforderung. Welche Wirkstoffe können den Pruritus lindern?

Von gesunder Haut sollte man sich bei Patienten mit internistisch bedingtem Pruritus nicht täuschen lassen. Denn die typischen Läsionen bis hin zur Prurigo nodularis bilden sich erst durch fortgesetztes Kratzen, schreiben Professor Dr. Thomas Mettang, DKD Helios Klinik Wiesbaden, und seine Kollegen. Der nächtliche Juckreiz kann zu schwerem Schlafmangel führen und Depressionen mit Suizidgedanken auslösen.

Zahlenmäßig die größte Gruppe beim „internistischen“ Pruritus stellen die Patienten mit fortgeschrittener Niereninsuffizienz dar, etwa jeder vierte Dialysepatient ist von dem quälenden Symptom betroffen. Der generalisierte, urämische Pruritus wird meist an den Beinen am stärk­sten empfunden, aber auch Kopf und Rücken können in Mitleidenschaft gezogen sein.

Pruritus entsteht meist durch Niereninsuffizienz

In der systemischen Therapie des nephrogenen Pruritus sei der Effekt von Gabapentin (50–100 mg/Tag) wegen der rein renalen Elimination in reduzierter Dosis am besten belegt, erinnern die Kollegen. An zweiter Stelle rangiert Pregabalin (zweimal täglich 75 mg). Falls die beiden Antikonvulsiva unzureichend wirken, wird der µ-Opioidrezeptor-Antagonist Naltrexon empfohlen, der allerdings in Studien widersprüchliche Ergebnisse erzielte. Die Subs­tanz wird einschleichend dosiert, das Maximum sind 50 mg pro Tag.

Auch eine UVB-Phototherapie vermag in vielen Fällen den Juckreiz zu lindern, kann jedoch kutanen Malignomen Vorschub leisten. Wegen einer möglichen Nierentransplantation mit nachfolgender Immunsuppression sollte sie deshalb mit Vorsicht eingesetzt werden. Bei ausgeprägter inflammatorischer Komponente (z.B. Prurigo nodularis) kann sich eine topische Therapie mit Tacrolimus lohnen, für Capsaicin dagegen ist die Studienlage noch unzureichend.

Gabapentin und Pregabalin helfen nachweislich

Neben Nierenkranken entwickeln auch viele Leberpatienten einen chronischen Pruritus. Oft besteht bei ihnen gleichzeitig eine Cholestase. Allerdings beobachtet man auch bei der chronischen Hepatitis C Juckreiz. Typischerweise befällt die hepatogene Pruritusform Handflächen und Fußsohlen und ist abends und nachts am schlimmsten.

Bei Frauen verschlechtert sich die Symp­tomatik vor der Menstruation, durch eine Hormonersatztherapie und am Ende der Schwangerschaft. Im Vergleich zum urämischen Pruritus sind kutane Läsionen deutlich schwächer ausgeprägt. Denn Kratzen kann den hepatischen Juckreiz verschlimmern und wird deshalb vermieden.

Cholestyramin beseitigt hepatischen Juckreiz

Die Therapie zielt vor allem auf eine suffiziente Behandlung der Grundkrankheit, da sich damit meist auch der Pruritus bessert. Ursodesoxycholsäure wird zwar häufig zur Basistherapie des Gallenstaus eingesetzt, eine Juckreizlinderung ist bisher allerdings nur für die intrahepatische Schwangerschaftscholestase belegt, so die Autoren. Ansonsten gilt das Austauscherharz Cholestyramin als Mittel der ersten Wahl (4 bis 16 g/Tag). Wegen potenzieller Resorptionsstörungen sollten zur Einnahme anderer Medikamente mindestens vier Stunden Abstand eingehalten werden.

An zweiter Stelle steht Rifampicin (300–600 mg/Tag), seine juckreizlindernde Wirkung wurde in mehreren Doppelblindstudien gezeigt und hält länger als zwei Jahre an. Wegen möglicher Lebertoxizität sollten die Transaminasen regelmäßig kontrolliert werden. Falls sich der Pruritus unter Rifampicin nicht innerhalb von zwei Wochen bessert, wird als Medikament der dritten Wahl Naltrexon (25–50 mg/Tag) empfohlen, genüge auch dies nicht, könne man auf Stufe 4 auf das SSRI Sertralin (100 mg/Tag) umstellen, erklären Prof. Mettang und Kollegen.

Juckreiz kann Hinweis für Lymphom sein

Unabhängig von der Medikation raten sie, die juckende Haut vor allem nach dem Duschen und Baden mit einer rehydrierenden Creme einzureiben. Auch das Kühlen mit mentholhaltigen Cremes wirke günstig, Antihistaminika hätten dagegen keinen günstigen Effekt.

Vor allem bei aquagenem Pruritus sollte man auch an eine hämatologische Grunderkrankung denken. So leiden etwa 50 % der Patienten mit Polycythaemia vera, essenzieller Thrombozythämie und primärer Myelofibrose auch an einem chronischen Juckreiz. Bei Morbus Hodgkin haben etwa 30 % der Patienten einen Pruritus. Dieser kann der onkologischen Erkrankung um Jahre vorausgehen, aber auch ein Rezidiv ankündigen. Besonders häufig ist ein heftiger Juckreiz bei T-Zell-Lymphomen (z.B. Mucosis fungoides, Sézary-Syndrom), seltener bei Non-Hodgkin-Lymphomen.

Quelle: Thomas Mettang et al., Internist 2015; 56: 1369-1378

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Pruritus: Haut und Psyche leiden unter dem chronischen Juckreiz
© thinkstock Pruritus: Haut und Psyche leiden unter dem chronischen Juckreiz © thinkstock