
Reflux sorgt eher selten für pharyngeale Symptome und chronischen Husten

Sorgt ein Reflux von Mageninhalt für störende Symptome und/oder Läsionen, spricht man von GERD, der gastroösophagealen Refluxkrankheit. Sie kann mit ösophagealen, aber auch extraösophagealen Syndromen einhergehen. Für den Pneumologen sind vor allem Letztere relevant. Als etablierte Assoziationen gelten Refluxhusten, -laryngitis, und -asthma sowie dentale Erosionen. Weniger gesichert ist der Zusammenhang zwischen Reflux und Sinusitis, Pharyngitis, pulmonaler Fibrose und rezidivierender Otitis media, erklärte der Gastroenterologe Prof. Dr. Jörg Albert vom Klinikum Stuttgart.
Der Verdacht auf eine GERD wird endoskopisch gesichert. Ösophageale Schleimhautveränderungen gemäß der Los-Angeles-Klassifikation Grad C oder D sowie eine Barrett-Metaplasie sprechen eindeutig dafür. Gleiches gilt, wenn die mittels 24-Stunden-ph-Metrie gemessene acid exposure time (AET) in der distalen Speiseröhre über 6 % beträgt. Keine GERD liegt vor, wenn endoskopische Hinweise fehlen und die AET < 4 % beträgt. Dazwischen gibt es einen Graubereich, betonte Prof. Albert.
Potenzielle Ursachen von GERD
primäre Ursachen:
- transiente Sphinkterrelaxationen
- Inkompetenz des unteren Schließmuskels
- axiale Hiatushernie
sekundäre Ursachen:
- Magenausgangsstenose
- funktionelle Gastroparese
- Schwangerschaft
- Magensonde
- Zollinger-Ellison-Syndrom
- Sjögren-/Sicca-Syndrom
- Sklerodermie
- neuromuskuläre Erkrankungen
- Medikamente
Säure in der Speiseröhre ist allerdings nur ein Teil der pathogenetischen Wahrheit. Ebenfalls eine Rolle spielen die epitheliale Resistenz und die viszerale Sensitivität. Letztere kann im Sinne einer Perzeptionsstörung verändert sein und u.a. mit einem hypersensitiven Ösophagus, funktionellem Sodbrennen und komplexen funktionellen Störungen (irritabler Darm, Fibromyalgie etc.) einhergehen.
Welcher Zusammenhang besteht nun zwischen Reflux und Husten? Einer Studie zufolge kommt es bei chronischem Husten zwar zu mehr Refluxereignissen innerhalb von 24 Stunden als bei gesunden Kontrollen. Ein Reflux in die obere Speiseröhre und in den Larynx/Pharynx lässt sich bei ihnen allerdings eher seltener nachweisen. Es gibt bislang kein sicheres Kriterium, um chronischen Husten als extraösophageale Manifestation von GERD zu definieren, erklärte der Kollege und sprach von einem diagnostischen Dilemma. Immerhin gebe es aber mittlerweile den klinisch validierten COuGH RefluX Weighted Score, mit dem man die Wahrscheinlichkeit abschätzen kann, dass bei einem Patienten mit chronischem Husten eine GERD vorliegt. Erfasst werden die folgenden Items:
Husten 1,5 Punkte
BMI 25–30 1,5 Punkte
BMI ≥ 30 2,0 Punkte
Globusgefühl -1,0 Punkte
Hiatushernie ≥ 1 cm 2,5 Punkte
Regurgitation 1,5 Punkte
männliches Geschlecht 1,5 Punkte
Bei einem Gesamtscore von maximal 2,5 Punkten ist eine GERD unwahrscheinlich, bei einer Punktzahl von mindestens 5 liegt die Erkrankung dagegen recht sicher vor. Im Bereich dazwischen lässt sich keine klare Aussage treffen.
Die gute Nachricht ist nach Aussage von Prof. Albert, dass Husten und laryngo-pharyngeale Störungen bei vielen Patienten – in einer Studie waren es 63 % bzw. 74 % – innerhalb von zwei Jahren wieder verschwinden. Eine PPI-Therapie hat auf diese Entwicklung keinen wesentlichen Einfluss. Dennoch wird in der Leitlinie geraten, bei Verdacht auf eine extraösophageale GERD-Manifestation erwachsene Patienten bis zu zwölf Wochen lang mit einem PPI in doppelter Standarddosis zu behandeln. Kommt es zum Ansprechen, wird der PPI auf die geringste noch wirksame Dosis reduziert. Bleibt der Therapieerfolg dagegen aus, sollte man das Medikament wieder absetzen. Denn dann ist eher von einer Perzeptionsstörung als Ursache von Heiserkeit, Globusgefühl, Räuspern oder Husten auszugehen. Wirksame Alternativtherapien fehlen. Neuromodulatoren werden zwar immer wieder mal versucht, aber so richtig gut funktioniert das nicht, meinte der Kollege.
Quelle: 64. Kongress der DGP (Deutsche Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin)
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