Regenerative Therapie als Alternative zur Gelenktoilette

Dr. Anja Braunwarth

Orthopäden und Gelenkchirurgen meinen: Für die Gelenksäuberung gibt es keine wirkliche Evidenz. Orthopäden und Gelenkchirurgen meinen: Für die Gelenksäuberung gibt es keine wirkliche Evidenz. © wikimedia/Arthroscopist

An Knorpelschäden der Kniegelenke arbeiten sich Unfallchirurgen und Orthopäden unermüdlich ab. Zeit, sich mal mit dem Nutzen aktueller Optionen zu beschäftigen.

Um 1990 herum trat die Kniespiegelung ihren großen Siegeszug an. Schnell wurde bei Knorpelschäden die „Gelenktoilette“ zum Zauberwort, erinnerte Professor Dr. Gunter Spahn von der Praxisklinik für Unfallchirurgie und Orthopädie in Eisenach. Beinahe jeglicher Defekt – ob traumatisch oder arthrotisch – geriet in die Fänge des Shavers. Bis heute gehört das Knorpel-Debridement zu den 20 häufigsten abgerechneten stationären Operationen.

Doch in den letzten Jahren mehrten sich kritische Stimmen – zu Recht, findet Prof. Spahn. So bemängelte in einer Umfrage die überwiegende Mehrheit (95,4 %) von 44 Orthopäden und Unfallchirurgen, dass es keine wirkliche Evidenz für die Gelenksäuberung gibt. Ein genauso großer Anteil sprach sich gegen eine ungezielte Reinigung aus.

Knochen brechen, um die Heilung zu fördern

Auch asymptomatische mittelgradige Defekte < 1 cm bedürfen laut der Befragten keiner Therapie. Bei größeren Läsionen befürwortete ein Drittel einen regenerativen Ansatz. Große Einigkeit herrscht allerdings darüber, dass jeder freie Gelenkkörper entfernt werden sollte.

Stichwort regenerative Therapie: Dafür gibt es verschiedene Ansätze. Beim Tissue Response setzt man Mikrofrakturen in die Knochenlamellen unter dem Defekt. Das daraufhin austretende Blut soll die Heilung fördern. Doch in der Hälfte der Fälle kommt es zu Komplikationen wie subchondralen Zysten/Sklerosierungen oder intraläsionalen Osteophyten, betonte Privatdozent Dr. Johannes Zellner von der Klinik für Unfallmedizin am Caritas-Krankenhaus St. Josef in Regensburg.

Für die osteochondrale Transplantation (OCT) entnehmen die Operateure Knorpel-Knochen-Zylinder aus einem wenig belasteten Abschnitt des Gelenks und setzen sie in den vorher ausgebohrten Defekt. Das Verfahren überzeugt besonders dann, wenn neben der kartilaginären auch eine ossäre Verletzung besteht. Eine Transplantation kann auch mit gezüchtetem Material erfolgen. Hierfür werden in einer ersten Arthroskopie Knorpelzellen gewonnen und im Labor kultiviert.

Stammzellen für junge Arthrosepatienten

Immer wieder gerät bei Knorpelschäden auch die Stammzelltherapie in die Schlagzeilen. Viele Publikationen verwenden diesen Ausdruck aber als Marketinginstrument, warnte Professor Dr. Ulrich Nöth von der Klinik für Orthopädie und Unfallchirurgie am Evangelischen Waldkrankenhaus Spandau in Berlin. In Wirklichkeit handelt es sich meist nur um mechanische Verfahren um Zellpopulationen aus Knochenmark oder Fett zu konzentrieren. Der Anteil echter Stammzellen liegt bei maximal 0,001 %. Eine richtige Stammzelltherapie kostet Zeit und Geld. Denn dafür muss das entnommene Material 10–14 Tage in einem Reinraumlabor speziell aufbereitet werden, ehe die Injektion ins Gelenk erfolgen kann. Infrage kommt die Therapie vornehmlich für Patienten mit moderater Arthrose, die noch zu jung für eine Prothese sind. Eine kleine Studie zeigte gute Heilungserfolge ohne schwerwiegende Nebenwirkungen. Eine geplante größere Folgestudie rekrutiert derzeit Teilnehmer.

Für größere Schäden eignet sich die „Aussaat“ von Zellen

Haben sich die Zellen ausreichend vermehrt, werden sie auf einer Matrix ausgebracht, damit sie Knorpelgrundsubstanz bilden. „Das lässt sich ein wenig mit der Aussaat von Setzlingen vergleichen, die dann zum Rasen auswachsen“, erklärte Dr. Zellner. Nach drei Wochen pflanzen die Chirurgen den „be­impften“ Träger in die Läsion ein. Diese autologe Chondrozyten-Transplantation (ACT) eignet sich vor allem bei großen Schäden über 4 cm. „Bei Sportlern erreichen wir mit der ACT nicht mehr das präoperativ bestehende Niveau, aber doch ein stabiles funktionelles Outcome“, so der Experte. Und dieser Erfolg lässt sich über zehn Jahre erhalten. Für alle regenerativen Methoden gilt aber: In der Arthrosetherapie haben sie nichts verloren!

Quelle: 46. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Rheumatologie

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