Retroperitoneale Lymphknotendissektion kann im Stadium IIA/B reichen

ASCO-GU 2025 Friederike Klein

In Stadium IIA/B des Seminoms kann Chirurgie eine schonendere Alternative zu Strahlen- oder Chemotherapie bieten. In Stadium IIA/B des Seminoms kann Chirurgie eine schonendere Alternative zu Strahlen- oder Chemotherapie bieten. © Stephan Morrosch – stock.adobe.com

Ein Stadium IIA/B liegt in etwa 10–15 % der Fälle eines Seminoms vor. Standardbehandlung ist dann bislang eine Strahlen- oder eine Chemotherapie. Die Langzeittoxizität dieser Optionen ist allerdings erheblich. In bestimmten Fällen kann die Chirurgie eine schonendere Möglichkeit anbieten.

Die meisten Patient:innen mit einem Seminom im Stadium IIA/B überleben fünf Jahre und die überwiegende Zahl von ihnen entwickelt nach Therapie keinen Progress der Erkrankung mehr, berichtete Prof. Dr. Dr. Axel Heidenreich, Universitätsklinikum Köln. Bestrahlung oder Chemotherapie haben allerdings im Langzeitverlauf erhebliche Folgen und führen sogar zu einer nicht-seminombedingten Übersterblichkeit im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung. Strategien zur Reduktion dieser Langzeittoxizität ohne Beeinträchtigung der Wirksamkeit sind daher wichtig. 

Der Uroonkologe plädierte für die alleinige chirurgische Behandlung mit der retroperitonealen Lymphknotendissektion (RPLND) unter Einsparung einer zytotoxischen Therapie wo möglich. Es hätten bereits verschiedene spezialisierte Zentren von guten Ergebnissen mit dieser Methode bei einer Lymphknotenmetastasierung mit geringem Tumorvolumen berichtet. Prof. Heidenreich stellte seinerseits die finalen Ergebnisse der prospektiven Studie COTRIMS an der Kölner Universitätsklinik vor. 

Eingeschlossen worden waren 34 Patient:innen mit testikulärem Seminom im Stadium IIA (65 %) oder IIB (35 %) ohne Nachweis der Tumormarker AFP und Beta-hCG. Die Teilnehmenden waren im Median 34,2 Jahre alt und durften noch keine Chemotherapie nach Orchiektomie erhalten haben. Die Zahl der befallenen Lymphknoten betrug gemäß der präoperativen Bildgebung im Median 1,6, deren Durchmesser median 2,2 cm. 

Folgetherapie und Nachsorge

Es schloss sich keine Adjuvanz an, sondern nur die Nachsorge nach Leitlinienempfehlung der European Association of Urology. Kam es zu einem Rezidiv, erfolgte die Behandlung mit drei bis vier Zyklen PEB (Cisplatin, Etoposid und Bleomycin). Da die meisten Rezidive in den ersten zwei Jahren auftreten, wurde als primäres Studienziel eine Progressionsrate von weniger als 20 % nach zwei Jahren definiert.

Nervenschonende RPLND bei Seminom

31 Erkrankte (91,2 %) wurden nach Bestätigung des Stadiums in der präoperativen Bildgebung offen der nervensparenden RPLND mit unilateralem Template unterzogen, 3 (8,8 %) robotisch operiert. Im Median entfernten die Chirurg:innen 19 retroperitoneale Lymphknoten. Bei 88,2 % der Patient:innen blieb die antegrade Ejakulation nach der nervenschonenden OP erhalten. Chirurgische Komplikationen eines höheren Grads traten bei vier Behandelten auf und ließen sich alle konservativ beherrschen, berichtete der Referent. 

Die Histopathologie ergab bei drei Patient:innen eine nicht-maligne Ursache der vergrößerten Lymphknoten, bei 29 ein Seminom (in acht Fällen mit extrakapsulärer Ausdehnung) und bei zwei ein embryonales Karzinom. Nach median 43,2 Monaten betrug die Rate des therapiefreien Überlebens in der Gesamtkohorte 88,3 %. Die vier Rezidive traten nach vier, sechs, neun und zwölf Monaten auf und wurden in drei Fällen mit Chemotherapie, in einem Fall mit einer erneuten RPLND behandelt. Alle Erkrankten überlebten bislang. 

Für Seminome im Stadium IIA/B ohne Tumormarkernachweis könne die RPLND bei rund 80 % der Patient:innen eine Übertherapie vermeiden, erklärte Prof. Heidenreich. Wichtig seien die Durchführung durch erfahrene Chirurg:innen an spezialisierten Zentren und die operative Technik. Er entferne immer die Lymphknoten retrocaval/retroaortal, entlang der iliakalen Hauptarterie bis zur Bifurkation und entlang der Urether, und reseziere zudem die ipsilaterale testikuläre Vene und das Vas deferens. Die roboterassistierte Chirurgie empfahl der Kollege nicht. Es gebe teilweise Verletzungen von befallenen Lymphknoten bei dieser Technik. Die resultierende Peritonealkarzinose sei durch keine Salvagetherapie mehr zu beherrschen. 

Quelle:
Heidenreich A et al. ASCO Genitourinary Cancers Symposium 2025, Abstract 618

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