
RLV-Bescheid: Wann sich Widerspruch lohnt

Die im RLV- und QZV-Zuweisungsbescheid angegebene RLV-relevante Fallzahl für das aktuelle Quartal richtet sich nach den Fallzahlen des Vorjahresquartals. Das ist sinnvoll, weil dem Arzt vor Beginn des Abrechnungsquartals bekannt sein soll, wie hoch das von ihm abrechenbare Honorarvolumen ist.
Die RLV-relevante Fallzahl ergibt sich aus den kurativ-ambulanten Behandlungsfällen. Ausgenommen sind Fälle im organisierten Notdienst und Überweisungen, bei denen nur Probeuntersuchungen oder Befundungen von dokumentierten Untersuchungsergebnissen stattfinden, sowie Fälle, in denen Ärzte lediglich Leistungen abgerechnet haben, die nicht dem RLV unterliegen.
In nahezu allen KVen sind jedoch die in den RLV- und QZV-Zuweisungsbescheiden genannten RLV-relevanten Fallzahlen weder nachvollziehbar noch anhand der eigenen Unterlagen ohne Weiteres überprüfbar. So können z.B. im Bereich der KV Nordrhein anhand der Honorarabrechnungen nur die Fälle im organisierten Notdienst eruiert werden. Den Abrechnungen ist nicht zu entnehmen, bei welchen Fällen Überweisungen vorgenommen wurden, bei denen ausschließlich Probeuntersuchungen oder Befundungen dokumentierter Untersuchungsergebnissen stattfanden. Dasselbe gilt für die Fälle, in denen Praxen nur Leistungen abgerechnet haben, die nicht dem RLV unterliegen.
Die KV Nordrhein ist kein Einzelfall. Im Bereich der KV Hessen oder der KV Rheinland-Pfalz ist die RLV-relevante Fallzahl an überhaupt keinem Parameter überprüfbar. Darauf aufmerksam gemacht, reagieren die meisten KVen mit der Behauptung, „alles richtig gemacht zu haben“. Oft wird auch nur die Passage aus dem jeweiligen Honorarverteilungsvertrag zitiert, aus der sich ergibt, welche Fälle pauschal RLV-relevant sind und welche nicht.
Wie aber kann ein Arzt die ihm zugewiesene RLV-relevante Fallzahl überprüfen, die erhebliche Auswirkungen auf seinen Verdienst hat? Die KV sollte aufgefordert werden, eine Liste der Fälle zu übermitteln, die nach ihrer Auffassung nicht RLV-relevant sind. Darin sieht man, ob die KV zu Unrecht RLV-relevante Fälle nicht berücksichtigt hat.
Kein RLV-relevanter Fall, da keine Grundpauschale? Falsch!
So kommt es bei Niedergelassenen, die ambulant operieren, vor, dass sie neben den Leistungen des Kapitels 31 (ambulante Op.) keine Grundpauschale ansetzen. Vielmehr werden daneben z.B. lediglich die Ziffer 01436 (Konsultationspauschale) oder die Nrn. 01602 ff. (schriftliche Mitteilungen) angesetzt. Bei diesen Ziffern handelt es sich um Leistungen, die unstreitig innerhalb des RLV vergütet werden.
Einige KVen meinen allerdings, dass bei dieser Ziffernkombination kein RLV-relevanter Fall ausgelöst wird, da keine Grundpauschale abgerechnet wurde. Diese Ansicht ist jedoch falsch! Für das Auslösen eines RLV-relevanten Falls reicht es aus, dass nur eine einzelne Leistung erbracht und abgerechnet wird, die innerhalb des RLV vergütet wird.
Ärzte, denen in vergleichbaren Fällen die Fallzahl zu Unrecht reduziert wurde, sollten Widersprüche gegen die RLV-Zuweisung und gegen die Honorarabrechnung einlegen. Nur wenn die KV festgelegt hat, dass allein ein Widerspruch gegen die Honorarabrechnung ausreichend ist, braucht man gegen den Zuweisungsbescheid nicht vorzugehen.
Ihr Morbiditätsfaktor: Wie wurde gerechnet?
Ähnlich intransparent geht es auch beim sog. Morbiditätsfaktor zu, der auch Gewichtungsfaktor Versichertenstruktur (z.B. KVNo) oder Altersstrukturquote (z.B. KV Hessen) genannt wird. Im Zuweisungsbescheid soll dieser Faktor bei der Honorierung die Altersstruktur der Patienten einer Praxis berücksichtigen.
Drei Altersklassen sind vorgesehen: Patienten bis zum 5. Lebensjahr, Patienten ab vollendetem 5. und bis zum 59. Lebensjahr sowie Patienten ab 60. Lebensjahr. Bei den kostenintensiven Altersgruppen (bis zum 5. und ab dem 60. Lebensjahr) soll dem Arzt ein höheres Honorar zur Verfügung gestellt werden. Die Formel für die Berechnung des Faktors hat der Erweiterte Bewertungsausschuss festgelegt. Durch die Gewichtung des RLV mit dem Morbiditätsfaktor erhält eine Praxis, die z.B. im Vergleich zur Fachgruppe mehr Versicherte im Alter von 60+ behandelt, einen „über 1“ liegenden Faktor, was das RLV des Arztes dementsprechend erhöht.
Bei den meisten KVen wird jedoch lediglich ein Morbiditätsfaktor ausgewiesen, ohne dass nachvollziehbar ist, wie er berechnet wurde. Aufklärung fordern sollten daher zumindest die Ärzte, die wenige oder keine Kinder behandeln (z.B. Gynäkologen), im Vergleich zu ihrer Fachgruppe aber vermehrt Rentner in der Praxis haben und die einen Morbiditätsfaktor von „unter 1“ aufweisen. Sie sollten in jedem Fall den Zuweisungs- und Honorarbescheiden widersprechen und eine nachvollziehbare Darlegung der Morbiditätsfaktorberechnung fordern.
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