Rückstau strapaziert die Haut

Dr. Franziska Hainer

Die Stauungsdermatitis ist häufig eine Blickdiagnose. Typisch sind entzündete Areale mit nässenden Stellen, Bläschen und Krusten. Die Stauungsdermatitis ist häufig eine Blickdiagnose. Typisch sind entzündete Areale mit nässenden Stellen, Bläschen und Krusten. © Andrew – stock.adobe.com

Wenn die Haut an den Unterschenkeln schmerzt, juckt und entzündlich verändert ist, drängt sich der Gedanke an eine Stauungsdermatitis bei chronischer venöser Insuffizienz auf. Aber nicht immer ist das Krankheitsbild eindeutig. Bei der Behandlung sollte man an mehreren Stellschrauben drehen.

Bei der chronischen venösen Insuffizienz (CVI) führen der erhöhte Druck im venösen System und defekte Venenklappen zu einem Blutrückfluss in die oberflächlichen Venen. Die Stauungsdermatitis im Bereich der Unterschenkel bildet sich auf dem Boden einer chronischen Entzündung durch die venöse Hypertonie, schreiben Dr. ­Michal ­Tran von der University of New South Wales in Sydney und Kollegen. 

Linderung durch Laufen und Hochlegen der Beine

Das Akutstadium manifestiert sich durch entzündete Hautareale mit nässenden Stellen, Bläschen und Krus­ten. Pusteln und impetiginisierte Verkrustungen weisen auf eine bakterielle Superinfektion hin. Hyper­pigmentierung, Hautschuppung und Dermatoliposklerose (dunklere, verhärtete Haut) sprechen für ein chronisches Stadium der Haut­erkrankung. Die Patienten leiden unter geschwollenen und schweren Beinen. Laufen oder das Hochlegen der Beine bessern die Beschwerden – anders als bei PAVK, bei der sich dadurch die Schmerzen verschlimmern.

Im Anamnesegespräch kann die Frage nach Triggerfaktoren auf die richtige Spur führen. Mögliche Auslöser einer Stauungsdermatitis sind tiefe Venenthrombose Traumata, Cellulitis, Haut­infektionen, heißes Wetter, stehende Tätigkeit und Immobilität. Da die Stauungsdermatitis häufig nach länger bestehender CVI auftritt, sind auch deren Symptome gute Hinweisgeber.

Dazu zählen chronische Ödeme, Varicosis, Ulzerationen, Atrophie blanche (weiße, atrophische Narbenherde) und Acroangiodermatitis – eine reaktive Hyperplasie der kutanen Blutgefäße. Risikofaktoren für eine CVI sind ein Alter über 60 Jahre, familiäre Disposition, erhöhter BMI, stehende Tätigkeit, Trauma der unteren Extremität, frühere Venenthrombose, postthrombotisches Syndrom und Schwangerschaft. 

Zahlreiche andere Ursachen zunächst ausschließen

Differenzialdiagnostisch kommen folgende Erkrankungen infrage:

  • Cellulitis (Erysipel, Phlegmone)
  • Kontaktdermatitis
  • asteatotisches Ekzem (Austrocknungsekzem)
  • Lichen simplex chronicus
  • Psoriasis
  • Tinea corporis
  • aktinische Keratosen
  • Hautkrebs (seltener)

Häufig handelt es sich bei der Stauungsdermatitis um eine Blickdia­gnose. Gelegentlich macht der Ausschluss von Hautkrebs eine Hautbiopsie erforderlich. Dabei ist jedoch Vorsicht geboten, falls eine PAVK nicht ausgeschlossen ist. In dem Fall könnten Wundheilungsstörungen auftreten. Ein erster Hinweis auf eine PAVK wären fehlende Fußpulse. Um Schweregrad und Verlauf der Stauungsdermatitis zu dokumentieren, empfehlen die Autoren den revised venous clinical severity score (VCSS). Damit lassen sich zehn Kriterien erfassen (z.B. Varizen, Ulcera, Ödeme) und eine Einteilung in drei Kategorien (mild, moderat, schwer) vornehmen.

Eine aussichtsreiche Behandlungsstrategie setzt auf die Besserung der CVI und auf Hautpflege.  Außerdem gilt es, Hautverletzungen und Ulzerationen zu vermeiden und die Patienten aufzuklären, dass auch kleine Verletzungen ärztlich kontrolliert werden müssen.

Mögliche Komplikationen sind Kontaktdermatitis (auch iatrogen), Superinfektion und Autosensibilisierung. Hautpflege mittels milden Emolliens ohne Zusatzstoffe wirken gegen Trockenheit und Juckreiz, schreiben die Autoren. Sie raten zum täglichen Waschen der Hautareale mit einem seifenlosen flüssigen Reinigungsmittel, um sie von Schuppen, Bakterien und Krus­ten zu befreien. Auch feuchte Umschläge können helfen. Topische Kortikosteroide sollten nur unter engmaschiger Überwachung zum Einsatz kommen.

Insbesondere immobile Patienten mit CVI profitieren sehr davon, ihre Beine hochzulagern – am besten drei- bis viermal pro Tag für 30 Minuten. Körperliche Bewegung allgemein ist ebenso empfehlenswert wie spezielle Übungen, die die Wadenmuskelpumpe in Gang setzen. Gegebenenfalls ist eine Gewichtsreduktion erforderlich, um die Mobilität zu fördern. 

Die Kompression gilt als entscheidender Therapiebestandteil. Sie kann in Form von Verbänden und Strümpfen sowie Zinkleimverbänden erfolgen. Vor dem Beginn einer Kompressionstherapie muss aber eine Gefäßuntersuchung stattfinden, um eine potenzielle PAVK auszuschließen. Manchmal ist eine Kompressionsklasse III (30–40 mmHg) bei Stauungsdermatitis indiziert, sofern sie vom Patienten toleriert wird. Eine suffiziente Analgesie erleichtert die Therapie.

Liegt eine bakterielle Superinfektion vor, sind meist Staphylokokken oder Streptokokken die Auslöser. Lokal begrenzte Infektionen können nach Empfehlung des National Institute for Health and Care Excellence lokal antiseptisch behandelt werden, z.B. mit einer 1%igen Hydrogenperoxid-Creme. Eine sys­temische Antibiotikatherapie ist bei schweren Verlaufsformen einer Cellulitis erforderlich.

Patienten mit persistierender Stauungsdermatitis, Kontaktdermatitis oder rezidivierenden Ulzera sollten nach Meinung der Autoren bei einem Gefäßspezialisten vorgestellt werden.

Quelle: Tran M et al. BMJ 2023; 382: e074602; DOI: 10.1136/bmj-2022-074602

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Die Stauungsdermatitis ist häufig eine Blickdiagnose. Typisch sind entzündete Areale mit nässenden Stellen, Bläschen und Krusten. Die Stauungsdermatitis ist häufig eine Blickdiagnose. Typisch sind entzündete Areale mit nässenden Stellen, Bläschen und Krusten. © Andrew – stock.adobe.com