
Schiene, Spritze oder Skalpell an den Karpaltunnel?

Behandelt werden sollte das Karpaltunnelsyndrom grundsätzlich nur, wenn der Patient auch Beschwerden hat. Eine reduzierte Nervenleitgeschwindigkeit allein begründet noch kein Eingreifen, stellt der in München niedergelassene Neurologe Professor Dr. Christian Bischoff in der Zeitschrift „INFO Neurologie & Psychiatrie“ klar. Im Frühstadium der Erkrankung, solange nur Reizsymptome wie etwa nächtliche Parästhesien den Patienten quälen, hält der Experte einen konservativen Behandlungsversuch für gerechtfertigt.
Vier Befunde sprechen gegen die Schiene
Die volare Unterarmschiene stellt vor allem nachts das Handgelenk in Neutral-Null-Stellung ruhig und verringert so den Druck auf den Nervus medianus. Bei den Patienten erfreut sie sich aber keiner besonderen Wertschätzung und die Wirkung ist nachweislich schlechter als bei der Operation. Als Prädiktoren für ein Versagen der Unterarmschiene gelten: Alter über 50 Jahre, Symptomdauer über 10 Monate, konstante Parästhesien und eine Auslösung des Phalen-Zeichens innerhalb von weniger als 30 Sekunden. Je mehr Punkte bei einem Patienten zusammenkommen, desto geringer ist die Erfolgschance. Allgemein wird die Schiene deshalb heute nur noch zur Überbrückung bis zur Operation bzw. in der Schwangerschaft und bei akuten posttraumatischen Beschwerden empfohlen.
Warum nicht lasern statt schienen? Erste Hinweise deuten tatsächlich auf einen positiven Effekt der Low-Laser-Therapie beim Karpaltunnelsyndrom hin. Eine Schmerzreduktion ist zwar noch nicht eindeutig belegt, aber die sensible Symptomatik wurde gebessert. Im direkten Vergleich mit der Operation war der Helium-Neon-Laser aber klar unterlegen. Deshalb kommt er nur für Patienten mit leichten Frühsymptomen infrage, konstatiert Prof. Bischoff.
Kortisonspritze wirkt schneller als Operation
Auch eine kurzzeitige orale Kortisontherapie ist beim Karpaltunnelsyndrom prinzipiell möglich, wobei eine Dosis von 20 mg täglich über zwei Wochen genauso gut wirkt wie über vier Wochen. Allerdings steht der Nutzen in keinem günstigen Verhältnis zu den Nebenwirkungen. Außerdem hat sich die lokale In-stillation einer Kristallsuspension als effektiver erwiesen. Über einen Zeitraum von acht Wochen betrachtet, vermag die Kortisonspritze die Symptome genauso gut zu lindern wie eine Kombination von Schiene und NSAR. Der Effekt tritt sogar schneller ein als bei der Operation, im Langzeitvergleich sind Skalpell und Schiene aber überlegen, schreibt Prof. Bischoff. Allerdings muss man – vor allem bei mehrfacher Injektion – mit Nerven- oder Sehnenschäden rechnen.
Für die auch gern eingesetzten NSAR konnte eine Überlegenheit gegenüber Placebo bisher nicht gezeigt werden, so der Experte. Gleiches gilt für Diuretika und Vitamin-B6-Präparate. Yoga, Handwurzelmobilisation, Nervengleitübungen und Magnettherapie können ebenfalls nicht empfohlen werden. Lokale Ultraschalltherapie zeigte nach mehrwöchiger Anwendung einen geringen Effekt.
Sobald der Patient unter anhaltenden sensiblen und/oder motorischen Ausfällen leidet – vor allem bei beeinträchtigter Stereoästhesie –, ist eine Operation indiziert. Ebenso, wenn sich Parästhesien oder Schmerzen unter der konservativen Therapie nicht bessern, stellte Prof. Bischoff klar. Dies gilt auch für Schwangere und Patienten mit diabetischer oder hereditärer Polyneuropathie. In fortgeschrittenen Fällen kann der Eingriff auch allein zur Schmerztherapie sinnvoll sein. Denn die sensiblen Störungen bleiben oft auch nach der Operation bestehen, und die Thenaratrophie bildet sich ebenfalls meist nicht zurück, worauf man den Patienten schon vorher hinweisen sollte.
Mit endoskopischer Op. schneller auf der Arbeit?
Offene und endoskopische Spaltung des Retinakulums erzielen vergleichbare Ergebnisse. Entgegen früheren Erwartungen verkürzt der minimalinvasive Eingriff nicht die Arbeitsunfähigkeit. Außerdem geht diese Technik möglicherweise mit mehr Komplikationen und Rezidiven einher. Bei anatomischen Besonderheiten, nach Traumen und beim Rezidiv plädiert Prof. Bischoff für das offene Vorgehen. Die Komplikationsrate liegt beim erfahrenen Operateur unter 1 %. Bewegungsübungen bereits am ersten Tag verhindern Handödem und Fingersteife.
Christian Bischoff, INFO Neurologie & Psychiatrie 2009; 11: 44–46 und 46–47
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