
Schlecht zu Fuß

Beim Stichwort Polyneuropathie denkt man oft erst einmal an Diabetes. Aber auch als Nebenwirkung einer Chemotherapie tritt sie auf. Vor allem bei den Platinderivaten sollte man daran denken, erinnerte Dr. Jürgen Körber, Klinik Nahetal, Bad Kreuznach. „Cisplatininduzierte Polyneuropathien können auch sechs bis zwölf Monate nach Beendigung der Therapie noch auftreten“, betonte er in diesem Zusammenhang. Taxane, Vinca-Alkaloide, Thalidomid sowie Bortezomib sind weitere Substanzen, die eine Polyneurophatie verursachen können.
„Es gibt bisher keine sinnvolle prophylaktische Maßnahme“, erläuterte Dr. Körber. Weder Kühlung noch Medikamente oder eine spezielle Ernährung hätten bisher spezifische Effekte gezeigt. Einen positiven Einfluss erreiche man aber über viel Bewegung und ein Gleichgewichtstraining schon vor und während der Chemotherapie.
Onkolog:innen sollten ihre Patientinnen und Patienten rechtzeitig informieren, dass Polyneuropathien im Zuge einer Chemotherapie auftreten können und sie gezielt nach Symptomen fragen, riet der Referent. Für die Diagnostik kommen einige Methoden infrage, wie:
- Vibrationsempfinden oder Achillessehnenreflex testen
- Feinmotorik mittels Schriftbild
- Tastempfinden
- Rombergtest für Blindstand, plus Blindgang
- Einbeinstand
- Schmerzwahrnehmung
Mehrheit der Betroffenen mit Tetrasymptomatik
Dr. Körber stellte epidemiologische Daten vor: In die Studie der Mainzer Universitätsmedizin waren 1.234 Patient:innen eingeschlossen, v.a. mit Brust- und Darmkrebs, die verschiedene Chemotherapien erhalten hatten. Die Wirkstoffe mit den häufigsten Symptomatiken waren dabei Oxaliplatin und Taxotere (Odds Ratio 7,58 und 2,47).
Während der Beschwerdeanamnese fiel auf, dass in der überwiegenden Mehrheit eine Tetrasymptomatik auftrat. Der Experte wies darauf hin, dass 26 % der Teilnehmenden eine schwere Gangataxie entwickelten. Gerade bei älteren Patient:innen sei deshalb ein erhöhtes Risiko einer Sturzneigung gegeben.
Als medikamentöse Therapie ist laut Dr. Körber nur Duloxetin bei Taxan-/Platinderivaten geeignet. Ausschließlich unter schmerzhafter, neuropathischer Ausprägung bieten zusätzlich Patches, Antidepressiva bzw. Gabapentin/Pregabalin eine Option. Abseits der Tabletten bestehen jedoch weitere Behandlungsmöglichkeiten, wie Ergotherapie, Physiotherapie mittels PNP-Gymnastik oder Wechselbäder sowie eine Elektrotherapie (Ultrareizstrom nach Träbert). In der Mainzer Studie schnitten Ergo- und Physiotherapie bei der subjektiven Einschätzung der Patient:innen am besten ab (81,5 % bzw. 76,3 % effektiv; 42,1 % bzw. 23,7 % sehr effektiv). Auch Tipps für den Alltag seien sinnvoll, etwa zu Kleidung, Schuhwerk, Hilfsmitteln oder Fußpflege.
Weil Patient:innen zunehmend länger leben und therapiert werden, kommt es auch immer häufiger zu Polyneuropathien, fasste Dr. Körber zusammen. „Wichtig ist, dass früh daran gedacht wird, entsprechend registriert und reagiert wird.“ Eine Rehabilitation helfe den Betroffenen bei der Reintegration in den Alltag und auch ins Berufsleben. So könne die Lebensqualität deutlich verbessert werden.
Quelle: Körber J. 128. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin
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