
Schmerzen auf den Punkt bekämpfen
Anamnese
Die alleinlebende 69-jährige Patientin engagierte sich ehrenamtlich und sang in einem Chor; sie war am Tagesgeschehen interessiert und von gepflegter Erscheinung. Medikamenten stand sie grundsätzlich eher kritisch gegenüber und lehnte manche allein aufgrund der im Beipackzettel angeführten Nebenwirkungen von vornherein ab. Als Erkrankung war Hypertonie bekannt. Seit Längerem litt sie unter schneidenden, elektrisierenden Schmerzen im Rücken mit Ausstrahlung in die Gesäßregion – und damit unter Schmerzen eher neuropathischer Natur.
Sie hatte bereits zwei Kollegen konsultiert. Von ihnen verordnete Schmerzmittel – darunter Ibuprofen, Diclofenac und ein selektiver Cyclooxygenase (COX)-2-Hemmer – hatte sie nach wenigen Tagen aufgrund von Nebenwirkungen oder als unzureichend empfundener Wirksamkeit abgesetzt. Eine periradikuläre Therapie und CT-gesteuerte Kortisoninjektionen hatten ein enttäuschendes Ergebnis erbracht. Eine erfolglose stationäre Behandlung hatte sie ebenfalls schon hinter sich.
Therapie
Mit dieser Vorgeschichte wurde sie in der Praxis vorstellig, der ihr Tapentadol retard verordnete. Die Anfangsdosis von zweimal täglich 50 mg behielt sie vorsichtshalber eine Woche bei, um zu verhindern, dass sie auch diese Therapie wegen nicht-tolerierbarer Nebenwirkungen beenden musste. Anschließend konnte sie die Dosis langsam auf 200 mg täglich steigern.
Als oberstes Behandlungsziel hatte sie mit ihrem Arzt vereinbart, wieder durchschlafen zu können. Denn die schmerzbedingten Schlafstörungen und die durch sie bedingte Tagesmüdigkeit empfand sie als besonders unangenehm und störend.
Behandlungserfolg
Das Ziel, durchschlafen zu können, wurde unter der Therapie nach wenigen Wochen erreicht. Bei einem Rückgang der Schmerzintensität von etwa 7 auf einen Wert von etwa 3 auf einer 11-stufigen Schmerzskala war sie nicht völlig schmerzfrei. In der Ausübung ihrer Aktivitäten war sie aber kaum noch eingeschränkt und mit dem Behandlungserfolg zufrieden.
Im weiteren Verlauf verhandelten Patientin und Hausarzt mehrfach darüber, die Medikation abzusetzen. Er konnte sie aber immer wieder dafür gewinnen, die aus seiner Sicht vertretbare Therapie fortzusetzen. Neben Tapentadol retard nahm sie keine weiteren Schmerzmittel ein. Begleitend erfolgte eine Physiotherapie.
Mit den Schmerzen besserte sich auch eine anfangs erkennbare leichte depressive Verstimmung. Dank einer allgemeinen Zunahme der Vitalität kam die Patientin – mit Unterstützung ihrer Tochter – bei insgesamt deutlich besserer Lebensqualität im Alltag gut zurecht. Beide konnten schließlich sogar gemeinsame Wochenendausflüge unternehmen.
Was lässt sich aus der Kasuistik lernen?
• In Deutschland werden chronische Schmerzpatienten offensichtlich nicht immer adäquat versorgt. Die Patientin litt an Schmerzen mit eindeutig neuropathischer Komponente sowie Hypertonie. Dennoch erhielt sie NSAR und ein Coxib, obwohl diese bei neuropathischen Schmerzen nicht angezeigt und bei kardiovaskulären Risikofaktoren kontraindiziert bzw. mit Anwendungsbeschränkungen versehen sind.
• Es ist wichtig, die Therapie individuell zu gestalten. In diesem Fall stand zunächst die Verträglichkeit im Vordergrund, da die Patientin zuvor mehrere Schmerzmittel schon nach kurzer Zeit wegen Nebenwirkungen abgesetzt hatte.
• Vereinbaren Sie Behandlungsziele. Dieser Patientin war es besonders wichtig, nachts wieder schlafen zu können – und das wurde durch die Tapentadol-Therapie nach wenigen Wochen erreicht. Obwohl die Schmerzen nicht ganz verschwanden, war sie mit dem Behandlungserfolg zufrieden. Die Patientin konnte sogar wieder an ihren Chorproben teilnehmen.
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