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Schreibabies haben keine Blähungen
Lange Zeit wurden bei Säuglingen, die permanent schreien, gastrointestinale Ursachen wie Koliken oder Reflux vermutet. Heute macht man eine fehlende Abstimmung zwischen Mutter und Kind verantwortlich und behandelt Schreibabys – und ihre Eltern – mit Verhaltenstherapie.
Selbstverständlich können Erkrankungen des Magen-Darm-Traktes einen Säugling derart quälen, dass er Tag und Nacht weinen muss. Allerdings sind diese Ursachen sehr selten, schreibt Professor Dr. Wolfgang Rascher von der Kinder- und Jugendklinik des Universitätsklinikums in Erlangen. In der Regel weinen die Dauerschreier nicht, weil sie Hunger oder Blähungen haben.
Blähungen nicht Ursache, sondern Nebenwirkung
Daher helfen häufigeres Stillen, immer wieder das Fläschchen anbieten oder Medikamente gegen Blähungen nicht. Vermehrtes Luftschlucken ist meist die Folge und nicht die Ursache des Schreiens. Hinter dem Dauerweinen, den Schlaf- und den Fütterungsproblemen steckt vielmehr eine Regulationsstörung, also eine unzureichende Abstimmung zwischen Mutter und Kind, erklärt der Pädiater.
Das Phänomen wird heute auch nicht mehr als Dreimonatskolik bezeichnet, sondern die Diagnose lautet Schreibaby. Die Nahrung umzustellen, ist außer bei nachgewiesener Kuhmilchintoleranz nicht sinnvoll. Auch dass sich die stillende Mutter hypoallergen ernährt, ist in der Regel nicht zielführend. Ein angeborener Laktasemangel des Kindes geht immer mit einer Gedeihsstörung einher, sodass alleiniges Schreien diese Vermutung nicht rechtfertigt.
Ernährungsumstellung oft ohne Wirkung
Verzweifelte Eltern probieren oft alles Mögliche, um das Kind zu beruhigen. Die meisten Therapieversuche sind jedoch zum Scheitern verurteilt. So bringen Abführmittel oder entblähende Substanzen, wie das häufig eingesetzte Simeticon, keine Wirkung, sie verursachen aber auch keine Nebenwirkungen. Festes Einwickeln (Pucken), Bauchmassage, Zuckerlösungen, verschiedene Tees (z.B. Fenchel) zeigen ebenfalls keine eindeutigen Erfolge.
Sehr widersprüchliche Meinungen gibt es zu Chiropraktik und spinalen Manipulationen. Den Eltern von Schreikindern wird vielmehr geraten, übergroße Nahrungsvolumina zu vermeiden und durch Ruhe dem Kind Stabilität zu bieten. In Schulungen wird den Eltern gezeigt, wie sie Reize reduzieren und einen stabilen Wechsel von Schlafen, Wachen, Füttern und Pflegen umsetzen können, mit dem Ziel die Situation zu verbessern.
Bei den meisten Kindern ist der Spuk nach etwa drei Monaten vorüber. Dafür macht der Autor die längeren Wachphasen beim Baby verantwortlich.
Quelle: Wolfgang Rascher, Arzneiverordnung in der Praxis 2014; 41(2): 10-13
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