
Schutzeffekt der Impfung gegen Keuchhusten in Gefahr?
In den 1990er Jahren haben azelluläre Vakzinen aufgrund der besseren Verträglichkeit die früheren Ganzkeimimpfstoffe abgelöst. Ein wichtiger Bestandteil des heutigen Serums ist Pertactin. Mit diesem Protein der äußeren Zellmembran setzt sich B. pertussis an den Epithelzellen der Atemwege fest, außerdem löst es eine Antikörperbildung aus.
Jedes zweite Bakterium
ist bereits mutiert
Eine aktuelle Untersuchung zeigt nun, dass immer mehr Erreger dieses Protein durch Mutationen verloren haben. Eine amerikanische Forschergruppe untersuchte 1300 Isolate, bei 306 fand sich ein entsprechender genetischer Defekt.1
Was die Infektiosität betrifft, scheinen sich die beiden Keimvarianten nicht zu unterscheiden. Darauf deutet eine französische Studie mit 60 infizierten Kindern hin.2 20 von ihnen wiesen pertactindefiziente Stämme auf. Es fanden sich keine signifikanten Unterschiede in Bezug auf die klinischen Symptome des Keuchhustens. Lediglich die Zeit zwischen dem Einsetzen des Hustens und der Hospitalisierung war beim mutierten Erreger länger, was auf einen weniger schweren Krankheitsverlauf hinweisen könnte.
Pertussis-Impfung bald nutzlos?
Nach der erstmaligen Entdeckung eines pertactindefizienten Keimes 1994 vergingen 16 Jahre, ehe ein zweiter auftauchte. Seitdem ist nun aber der Anteil der mutierten Bakterien auf mehr als 50 % gestiegen. Die US-amerikanischen Autoren interpretieren die Ergebnisse als Anpassung von Bordetella pertussis an die Umgebung, in der es von Antikörpern gegen Pertactin wimmelt.
Ein Totalversagen der Impfung scheint nicht zu befürchten, da noch weitere Antigene in der Vakzine enthalten sind, eventuell könnte aber in der Zukunft eine „Überarbeitung“ des Serums nötig werden.
1. Lucia Pawloski et al., Clin and Vaccine Immunol 2013; online first
2. Hélène Bodilis et al., Emerg Infect Dis 2013; 19: 471-474
Prof. Dr. Carl Heinz Wirsing von König Labormedizin am Helios Klinikum Krefeld |
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