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Schwach, schwächer, am schwächsten

Die Situation von herzinsuffizienten Patienten mit reduzierter Ejektionsfraktion lässt sich durch eine Vierfachkombination aus ACE-Hemmer/Sartan oder ARNI plus Diuretikum, Mineralokortikoid-Rezeptorantagonist und Betablocker deutlich verbessern. Doch nur eine Minderzahl erhält sie in ausreichender Dosierung, bemängelte Prof. Dr. Justin Ezekowitz vom Canadian VIGOUR Centre der University of Alberta in Edmonton.
In einer kanadischen Studie waren ein Jahr nach neu diagnostizierter HFrEF gerade mal 21,4 % der Betroffenen auf eine Dreierkombi eingestellt. Und in der CHAMP-HF-Studie sah man innerhalb von zwölf Monaten kaum Optimierungen der Medikation. Die meisten Patienten bekamen subtherapeutische Dosierungen oder schlimmstenfalls gar keine Therapie. Einen möglichen Ansatz zur Förderung der Versorgung sieht Prof. Ezekowitz in elektronischen Systemen, die Daten der Patienten auswerten und dann den Ärzten anzeigen, dass eine leitlinengerechte Behandlung vonnöten wäre.
Muss ein Patient wegen schwerer Herzinsuffizienzymptome in die Klinik, sollte zunächst das Ausmaß der Stauung über klinische Zeichen (Gewicht, NYHA-Klasse), Laborwerte (natriuretische Peptide, Nierenwerte, Elektrolyte), Bildgebung (Echo, MRT) erfasst und die Ziele der Entstauung festgelegt werden, erklärte Prof. Dr. Johann Bauersachs von der Klinik für Kardiologie und Angiologie der Medizinischen Hochschule Hannover. Bei akuter Dekompensation hat es sich bewährt, Thiazid- mit Schleifendiuretika zu kombinieren.
Weniger Hypokaliämien und Kreatininanstiege
Außerdem bessert die Beigabe von Empagliflozin das klinische Outcome. Patienten, die auf hoch dosierte Schleifendiureka nicht ausreichend ansprechen, profitieren eher von Dapagliflozin als von dem additiven Thiazid. Zwar gibt es keine nennenswerten Unterschiede bei Gewicht und Stauungsscore, aber weniger Hypokaliämien und Kreatininanstiege.
Der erste Schritt bei einer akuten Verschlechterung ist die rasch aufeinanderfolgende oder gleichzeitige Einleitung der krankheitsmodifizierenden Quadrupeltherapie mit ARNI, Betablocker, Mineralokortikoid-Rezeptorantagonist und SGLT2-Hemmer. Zusätzlich sollte Vericiguat, ein Stimulator der löslichen Guanylatzyklase, verordnet werden. Diese Empfehlung beruht auf der Victoria-Studie, die speziell für Patienten mit einer kürzlich (vor 3–6 Monaten) verschlechterten Herzinsuffizienz konzipiert worden war. Vericiguat reduzierte im Vergleich zu Placebo den zusammengesetzten primären Endpunkt aus kardiovaskulärem Tod oder erster Hospitalisierung wegen der Insuffizienz signifikant. Außerdem sollte ein eventuell bestehendes Eisendefizit ausgeglichen werden.
Im zweiten Schritt erfolgt die Dosiseskalation von ARNI, Betablocker und Mineralokortikoid-Rezeptorantagonist in Abhängigkeit von der Verträglichkeit. Am SGLT2-Hemmer wird nichts geändert. Gleiches gilt für Vericiguat, sofern der Patient es gut toleriert.
Mit mechanischem Support etliche Jahre länger leben
Kommt die medikamentöse Therapie an ihre Grenzen, stellt sich die Frage nach Unterstützungssystemen bzw. der Transplantation. Mit einer mechanischen Kreislaufunterstützung (mechanical circulatory support, MCS) beträgt das mediane Überleben fünf Jahre, nach Transplantation mehr als zwölf Jahre, erklärte Prof. Dr. Maria Crespo-Leiro, Hospital Universitario A Coruña. Eine langfristige MCS eignet sich für Patienten, die für eine Transplantation nicht in Betracht kommen. Zudem kann sie die Zeit bis zum Eingriff überbrücken. Sowohl beim MCS als auch der Transplantation kommt es auf das richtige Timing an, bei dem man sich am „goldenen Fenster“ (s. Kasten) orientieren kann.
Die Kriterien des goldenen Fensters:
Beim Einschätzen des goldenen Fensters für MCS oder Transplantation hilft das Akronym I NEED HELP:
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I: Inotropika (z.B. Dopamin, Dobutamin) früher oder aktuell erforderlich
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N: NYHA-Klasse/natriuretische Peptide (persistierend Klasse III/IV und/oder dauerhafte Erhöhung der Peptide
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E: Endorgandysfunktion: nachlassende Leber- oder Nierenfunktion
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E: Ejektionsfraktion: < 20 %
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D: Defibrillatorschocks wiederholt erforderlich
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H: Hospitalisierungen (≥ 1 im letzten Jahr)
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E: Edema (Ödeme)/Diuretika: anhaltende Volumenüberlastung, steigender Diuretikabedarf
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L: Low blood pressure: systolischer Druck konstant < 90–100 mmHg
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P: Prognostische Medikation: leitliniengerechte Therapie kann nicht auftitriert oder muss niedriger dosiert werden
Generell sollten alle Patienten mit fortgeschrittener Herzinsuffizienz in einem spezialisierten Zentrum vorgestellt werden. Dies erscheint nur verzichtbar, wenn irreversible Komorbiditäten oder eine nicht beeinflussbare Gebrechlichkeit vorliegen.
Quelle: Kongressbericht European Society of Cardiology (ESC) Congress 2023
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