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Sechs Wochen Nitro auf die Analfissur
Die chronische Analfissur wird im angloamerikanischen Raum ausschließlich nach der Dauer definiert. Alles, was mindestens vier bis sechs Wochen bzw. zwei bis drei Monate gedauert hat, ist chronisch. Sinnvoller erscheint jedoch eine Definition mit morphologischen Kriterien, betonte Dr. Martin Schmidt-Lauber, niedergelassener Gastroenterologe in Oldenburg.
Bei einer chronischen Fissur finden sich z.B. Veränderungen, wie Vorpostenfalten, Analfibrome, Fisteln und ein sichtbarer fibrosierter M. sphincter ani internus. Je mehr morphologische Veränderungen vorliegen, desto schlechter sind die Therapieerfolge mit konservativen Therapien.
Analfissur bei morphologischen Veränderungen chronisch
Die Pathogenese der Analfissur ist zwar nicht genau geklärt. Aber die Therapie orientiert sich an dem sehr wahrscheinlichen pathogenetischen Konzept, dass die akute Fissur schmerzbedingt zu einem Sphinkter-Hypertonus führt. Dieser vermindert die Perfusion im Fissurbereich, was wiederum Schmerzen hervorruft. Der ganze Prozess kann so nicht spontan abheilen, sodass die chronische Fissur mit den genannten Veränderungen entsteht.
Nach dieser Theorie von einer ischämischen Läsion muss das Therapieziel sein, den Sphinkter-Spasmus bzw. Hypertonus zu beseitigen und damit die Perfusion zu verbessern. Topisches Glyceroltrinitrat (GTN) ist im Rahmen der konservativen Therapie das Medikament der ersten Wahl. Es führt bei etwa 60 % der betroffenen Patienten zur Heilung.
Neue Langzeitergebnisse für die Fissurektomie |
Auf dem Koloproktologiekongress in München wurden aktuelle Langzeitergebnisse von 428 Patienten durch eine Arbeitsgruppe aus dem Universitätsklinikum und dem End- und Dickdarmzentrum Mannheim vorgestellt. Sie bestätigen, dass die Fissurektomie nach Gabriel in der Therapie der chronischen Analfissur hocheffektiv und komplikationsarm ist. Die Heilungsrate betrug 95 %. Die Heilung dauerte bei 68 % der Patienten weniger als drei Monate, bei 22 % zwischen drei und sechs Monaten und bei 5 % zwischen sechs und neun Monaten. Nur 5 % der Patienten entwickelten postoperativ eine Inkontinenz Grad 1. Bei 3 % der Patienten traten Rezidive auf. Die Abheilung dauert zwar länger als nach lateraler Sphinkterotomie, doch die Inkontinenzrate ist deutlich niedriger. |
Glyceroltrinitrat ist das
Medikament der ersten Wahl
Dr. Schmidt-Lauber empfahl, eine 0,2 %ige Apothekenzubereitung (NRF-Rezeptur) anzuwenden. Der Patient sollte die Creme dreimal täglich intraanal applizieren. Er darf die Creme nicht zu tief einbringen, da sonst eine rasche Resorption über die Rektummukosa stattfindet. „Bei dieser Wirkstoffkonzentration und Applikationsweise leiden die Patienten fast nicht an Kopfschmerzen“, so Dr. Schmidt-Lauber.
Hinweisen muss man männliche Patienten auch darauf, dass er in der Zeit der GTN-Therapie keinen PDE-5-Hemmer einnehmen darf. Meist ist eine Therapiedauer von sechs Wochen erforderlich, damit die Fissur abheilt. Wenn sich eine deutliche Besserung gezeigt hat, lohnt es sich, die Therapie fortzusetzen. Denn damit erreicht man sehr häufig noch eine spätere Heilung.
Analfissur heilt während sechs Wochen
Calciumantagonisten (beispielsweise Diltiazem-Creme) haben zwar vergleichbare Effekte und sind besser verträglich als GTN. Aber die Evidenzlage ist schwach. In Deutschland können sie nur off-label eingesetzt werden. Botulinumtoxin wirkt ebenso gut wie Nitrate, wird aber ebenfalls nicht von der Krankenkasse erstattet. „Wir setzen es als Reserve-Medikament ein“, so Dr. Schmidt-Lauber.
Ein großer Teil der Patienten aber spricht auf die medikamentöse Therapie nicht ausreichend an. Von den operativen Verfahren ist die laterale Sphinkterotomie am besten in klinischen Studien untersucht. Die Heilungsrate liegt bei über 95 %, allerdings entwickelt sich langfristig bei 16 % der Patienten eine Inkontinenz.1 Deshalb gilt die laterale Sphinkterotomie zumindest in Deutschland als letzte Option, während sie in US-amerikanischen Leitlinien immer noch als operatives Verfahren der ersten Wahl empfohlen wird.
Sphinkterektomie führt häufig zu Inkontinenz
Aber es gibt Anzeichen dafür, dass auch die Amerikaner langsam von dieser Empfehlung abrücken, meinte Dr. Schmidt-Lauber. Bevorzugt wird in Deutschland die Fissurektomie nach Gabriel, obwohl die Evidenz dafür noch nicht umfangreich ist. In einer prospektiven, aktuellen multizentrischen Studie trat bei allen 264 behandelten Patienten nach 7,5 Wochen eine Heilung ein.
Auch Symptomenscores hatten sich nach dieser Zeit nahezu komplett normalisiert. Im ersten Jahr nach dem Eingriff wurden keine Rezidive beobachtet. Eine De-novo-Inkontinenz entwickelte sich bei 7 % der Patienten. Andererseits besserte sich eine vorher bereits bestehende Inkontinenz bei 15 % der Betroffenen nach dem Eingriff.
1 Garg, P., Garg, M. and Menon, G. R. (2013), Long-term continence disturbance after lateral internal sphincterotomy for chronic anal fissure: a systematic review and meta-analysis. Colorectal Disease, 15: e104–e117. doi: 10.1111/codi.12108
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