Spezifischer ist doch besser

ESMO 2023 Lara Sommer

„Die meisten Nebenwirkungen waren unter Cabozantinib oder Vandetanib häufiger, mit Ausnahme von Hypertonie und Mundtrockenheit“, konkretisierte der Referent. „Die meisten Nebenwirkungen waren unter Cabozantinib oder Vandetanib häufiger, mit Ausnahme von Hypertonie und Mundtrockenheit“, konkretisierte der Referent. © Crystal light - stock.adobe.com

Multikinaseinhibitoren wirken gegen medulläre Schilddrüsenkarzinome, aber Erkrankte vertragen sie oft schlecht. Nun existieren erste Phase-3-Daten zu Selpercatinib als spezifischem RET-Hemmstoff bei dieser Entität.

RET-Mutationen finden sich in fast allen erblich bedingten medullären Schilddrüsenkarzinomen (MTC) sowie in bis zur Hälfte der sporadischen Fälle, erinnerte Dr. Dr. ­Julien ­Hadoux vom Institute Gustave-Roussy, Villejuif, Frankreich.1 Bisher bilden die Multikinaseinhibitoren Cabozantinib und Vandetanib den Erstlinienstandard für Personen mit fortgeschrittener Erkrankung, aber ihre Toxizitäten erforderten häufig Dosisreduktionen und Therapieabbrüche. In ­LIBRETTO-531 untersuchten Wissenschaftler:innen, ob der spezifischere RET-Inhibitor Selpercatinib eine bessere Alternative darstellt.

An der nicht-verblindeten Phase-3-Studie nahmen 291 TKI-naive Patient:innen mit lokal fortgeschrittenen oder metastasierten, RET-mutierten MTC teil. Sie erhielten 2:1 randomisiert entweder 160 mg Selpercatinib BID oder einen Multikinaseinhibitor. Nach einem medianen Follow-up von 12 Monaten hatte die Prüfkohorte das mediane PFS noch nicht erreicht, wohingegen es in der Kontrolle 16,8 Monate betrug (HR 0,28; p < 0,0001). „Damit erfüllt die Studie ihren primären Endpunkt für die Effizienz“, ordnete der Referent ein, und dies galt für alle Subgruppen. 

Die Ansprechrate betrug mit dem RET-spezifischen Inhibitor 69,4 % (11,9 % CR) vs. 38,8 % im Kontrollarm. „Gemäß Recist 1.1 sprachen Tumoren auf Selpercatinib häufiger, tiefer und länger an als auf Cabozantinib oder Vandetanib“, fasste Dr. ­Hadoux zusammen. Zum Zeitpunkt der Interimsanalyse nach median 15 Monaten Beobachtung lebten noch 94,8 % der Patient:innen, die Selpercatinib erhalten, und 85,7 % derjenigen, die mit Multikinaseinhibitoren behandelt werden (HR 0,374; p = 0,0312). Der Experte betonte allerdings, dass die Daten zum OS noch nicht reif sind.

Auch das Sicherheitsprofil der Prüfmedikation erwies sich als überlegen: Ereignisse vom Grad 3 oder höher entwickelten 52,8 % verglichen mit 76,3 % der Behandelten. „Die meisten Nebenwirkungen waren unter Cabozantinib oder Vandetanib häufiger, mit Ausnahme von Hypertonie und Mundtrockenheit“, konkretisierte der Referent. Die Wahrscheinlichkeit einer Dosisreduktion lag mit Multikinaseinhibitoren fast doppelt so hoch wie mit Selpercatinib.
Aus Sicht von Dr. ­Hadoux unterstreichen die Resultate die Bedeutung von Biomarkertests und einer RET-spezifischen Therapie beim metastasierten MTC. „Diese Ergebnisse stützen Selpercatinib als Erstlinienstandard für Patient:innen mit fortgeschrittenen RET-mutierten medullären Schilddrüsenkarzinomen“, fügte der Experte hinzu.

Prof. Dr. Laura D. ­Locati, Universitá de Pavia, teilte die positive Einschätzung ihres Vorredners.2 Besonders beeindruckten sie die 11,9 % an klinischen Komplett­remissionen unter Selpercatinib: „Das ist etwas Außergewöhnliches für Patient:innen mit medullären Schilddrüsenkarzinomen.“ Der Erfolg werfe unter anderem die Frage auf, wie lange man die Therapie in diesem Fall fortsetzen sollte. 

Auch die Diskutantin sieht den spezifischen Hemmstoff als neuen Standard für RET-positive, progrediente MTC-Patient:innen. „Der Platz von Multikinaseinhibitoren ist nach Selpercatinib“, ergänzte Dr. ­Locati. Allerdings bleibe die Frage ungeklärt, wie gut Cabozantinib und Vandetanib in dieser Sequenz wirken. „Es ist wichtig, unter Patient:innen und Ärzt:innen mehr Bewusstsein für RET-Tests zu schaffen“, schloss die Onkologin.

Quellen:

1 Hadoux J. ESMO Congress 2023; LBA3
2 Locati L. ESMO Congress 2023; Diskussion LBA3

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„Die meisten Nebenwirkungen waren unter Cabozantinib oder Vandetanib häufiger, mit Ausnahme von Hypertonie und Mundtrockenheit“, konkretisierte der Referent. „Die meisten Nebenwirkungen waren unter Cabozantinib oder Vandetanib häufiger, mit Ausnahme von Hypertonie und Mundtrockenheit“, konkretisierte der Referent. © Crystal light - stock.adobe.com