
Spiegel im Blick

Das therapeutische Drug-Monitoring (TDM) umfasst die Bestimmung der Wirkstoffkonzentration eines Arzneimittels im Blut des Patienten und/oder den Nachweis von Antikörpern (anti-drug-antibodies; ADA). Man unterscheidet reaktives und proaktives TDM. Bei Ersterem wird eine Dosisanpassung nach primärem Nicht-Ansprechen oder sekundärem Verlust des Ansprechens auf die Therapie angestrebt, beim proaktiven Ansatz in regelmäßigen Abständen und unabhängig vom Ansprechen des Patienten durchgeführt.
Hohe Blutspiegel mit besserer Wirkung assoziiert
Der Bezug zwischen den Wirkstoffspiegeln von Biologika im Blut und dem Behandlungsergebnis wurde in zahlreichen Studien an Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen (CED) und anderen immunvermittelten entzündlichen Erkrankungen (immune-mediated inflammatory disease; IMID) untersucht. Dabei konnten hohe Wirkstoffkonzentrationen mit besseren therapeutischen Ergebnissen in Zusammenhang gebracht werden, während niedrigere Wirkstoffkonzentrationen – unabhängig vom Nachweis von ADA – mit Therapieversagen und Absetzen des Medikaments assoziiert waren.
Weiterhin spricht auch die Möglichkeit, Behandlungskosten einzusparen, für das TDM. So erwies sich in einer randomisierten klinischen Studie an Patienten mit Morbus Crohn und sekundärem Verlust des Ansprechens auf Infliximab das reaktive TDM als kosteneffektiver im Vergleich zu einer routinemäßigen empirischen Dosissteigerung. Allerdings konnten in dieser Studie keine Unterschiede hinsichtlich der klinischen Wirksamkeit festgestellt werden. Auch in zwei weiteren randomisierten klinischen Studien mit Infliximab (TAXIT und TAILORIX) wurden die primären Endpunkte nicht erreicht.
Die TAXIT-Studie zeigte allerdings, dass bei Morbus-Crohn-Patienten mit niedrigen Infliximab-Talspiegeln eine proaktive TDM-basierte Dosisoptimierung zu höheren Raten klinischer Remissionen führte (88 % vs. 65 %). Zudem verbesserten sich die Spiegel des C-reaktiven Proteins nach der Dosiseskalation (3,2 mg/l vs. 4,3 mg/l). Darüber hinaus sprachen einige der sekundären Endpunkte von TAXIT für ein proaktives therapeutisches Drug-Monitoring gegenüber einer klinisch basierten Dosisoptimierung, darunter der zeitliche Verlauf des Krankheitsrückfalls.
In die PAILOT-Studie wurden biologikanaive Kinder mit Morbus Crohn eingeschlossen, die auf eine Induktionstherapie mit Adalimumab angesprochen hatten. Dabei zeigte sich, dass die Rate einer anhaltenden kortikosteroidfreien klinischen Remission (primärer Endpunkt) in der proaktiven TDM-Gruppe signifikant höher war als in der reaktiven TDM-Gruppe (82 % vs. 48 %). Auch mehrere sekundäre Endpunkte sprachen für das proaktive gegenüber dem reaktiven TDM, unter anderem das zusammengesetzte Ergebnis aus anhaltender kortikosteroidfreier Remission, normalem C-reaktiven Protein und normalem fäkalen Calprotectin (42 % vs.12 %).
Anhaltende Remission nach einem Jahr häufiger
In der PRECISION-Studie wurde erstmals untersucht, wie sich die individuelle Dosierung von Infliximab anhand einer pharmakokinetischen Modellierung im Vergleich zur Standarddosierung auf die klinischen Ergebnisse von Patienten mit CED, die sich in Remission befinden, auswirkt. Dabei stellte sich heraus, dass mehr Patienten in der pharmakokinetischen Modellgruppe nach einem Jahr in anhaltender klinischer Remission waren als in der Kontrollgruppe (88 % vs. 64 % in der Per-Protocol-Population). Darüber hinaus trat ein kombiniertes Ergebnis aus klinischer Remission und normalem fäkalen Calprotectin in der Modellgruppe häufiger auf als in der Kontrollgruppe (95 % vs. 68 %).
Auch wenn vorläufige Daten darauf hindeuten, dass proaktives TDM mit besseren therapeutischen Ergebnissen verbunden sein könnte als die empirische Dosisoptimierung und das reaktive TDM, sind für den breiten Einsatz in der Praxis noch einige Probleme zu lösen beziehungsweise Fragen zu klären, schreiben die Autoren um Dr. Konstantinos Papamichael von der Harvard Medical School in Boston. So müssen z.B. die optimalen Zielkonzentrationen für das jeweilige Medikament ermittelt werden, wobei die interindividuelle Variabilität, die Zeitspanne zwischen den Tests und den Ergebnissen sowie die Interpretation der ADA-Titer in den verschiedenen Assays zu berücksichtigen sind. Diese Probleme könnten durch die Harmonisierung von Testverfahren und die Verwendung von Point-of-Care-Schnelltests gelöst werden. Erstrebenswert wäre zudem eine stärkere Personalisierung des TDM, beispielsweise mittels pharmakokinetischer Modellierung und Pharmakogenetik.
Quelle: Papamichael K et al. Lancet Gastroenterol Hepatol 2022; 7: 171-185; DOI: 10.1016/S2468-1253(21)00223-5
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