Stiefkind Chirurgie?

Friederike Klein

In der aktuellen Version der Morbus-Crohn-Leitlinie
fehlen chirurgische Aspekte weitgehend. In der aktuellen Version der Morbus-Crohn-Leitlinie fehlen chirurgische Aspekte weitgehend. © iStock/ Morsa Images

Im März 2022 ist endlich die neue S3-Leitlinie zu Diagnostik und Therapie des Morbus Crohn erschienen, die eigentlich schon 2020 fertigge stellt werden sollte. Insbesondere in chirurgischen Fragen gibt sie nicht befriedigend Auskunft über das bestmögliche Vorgehen. Das findet jedenfalls Prof. Dr. Peter Kienle, Chefarzt am Theresienkrankenhaus und am Diakonissenkrankenhaus Mannheim.

Abgesehen vom Abschnitt zur chirurgischen Fistel-Therapie fehlen chirurgische Aspekte weitgehend, während es in der Vorgängerleitlinie noch ein eigenes Kapitel zur Chirurgie gab. Ein Grund: Vieles wird derzeit kontrovers diskutiert. Prof. Kiele nannte als Beispiele Ausmaß und Radikalität der Resektion, Resektion versus Strikturoplastik, Anastomosenlage, das Vorgehen bei Dysplasie oder die Bedeutung neuer minimalinvasiver chirurgischer Verfahren. Auch die wachsende Zahl an medikamentösen Behandlungsmöglichkeiten mag das Zurücktreten der Chirurgie in der Leitlinie teilweise erklären, meinte Prof. Kienle.

Eine elektive Operation soll nach der neuen Leitlinie bei Wachstumsverzögerung, umschriebenem Befall und anhaltender Krankheitsaktivität trotz optimierter konservativer Therapie frühzeitig erwogen werden. Explizit genannt wird auch, dass bei einem Wiederaufflammen der entzündlichen Aktivität an eine chirurgische Behandlungsoption gedacht werden soll.

Eine primäre chirurgische Behandlung sah Prof. Kienle angedeutet in der Empfehlung, vor Einleitung einer Therapie mit Immunsuppressiva oder Biologika eine chirurgische Intervention als Alternative zu prüfen.

OP könnte bei Ileozökalbefall Infliximab überlegen sein

Für eine frühe OP-Indikation bei isoliertem iliozökalem Befall spricht laut Prof. Kienle, dass 80 % aller Patienten sowieso irgendwann operiert werden müssen und in den größeren Fallserien weniger als die Hälfte der Operierten ein Rezidiv erleiden. Die
Morbidität nach OP sei gering, sagte er und betonte, dass die Lebensqua-
lität rasch besser werde. Außerdem wurde in der neuen Leitlinie konsentiert, dass bei einem isolierten Befall der Ileozökalregion, kurzer Anamnese und fehlendem Ansprechen auf Steroide die OP der Infliximab-Therapie gleichwertig ist.

Davon ist Prof. Kienle nicht überzeugt. Er glaubt, dass die OP überlegen sein könnte. In der LIR!C-Studie benötigten nach mehr als fünf Jahren fast drei Viertel der Patienten nach laparoskopischer Ileozökalresektion keine Tumornekrose(TNF)-α-Inhibitoren, es gab keine einzige Reoperation und 42 % der Patienten nahmen keinerlei Medikamente mehr ein. Bei primärer Anti-TNF-Therapie mussten dagegen 48 % der Patienten doch noch operiert werden und die Lebensqualität war in diesem Arm schlechter als im OP-
Arm.

Kongressbericht: 48. Deutscher Koloproktologen-Kongress

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


In der aktuellen Version der Morbus-Crohn-Leitlinie
fehlen chirurgische Aspekte weitgehend. In der aktuellen Version der Morbus-Crohn-Leitlinie fehlen chirurgische Aspekte weitgehend. © iStock/ Morsa Images