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Morbus Crohn: Probiotika können unter Immunsupression zu Laktobazillus-Bakteriämie führen

Viele Patienten mit chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen nehmen Probiotika ein, da sie sich von den lebensfähigen Mikroorganismen (z.B. Milchsäurebakterien) eine Beschwerdelinderung bzw. einen Remissionserhalt erhoffen. Den „gesunden“ Bakterien werden positive Auswirkungen auf die gastrointestinale Flora, eine immunmodulierende Wirkung und eine Stärkung der intestinalen Barriere zugeschrieben. Die wissenschaftliche Evidenz ist diesbezüglich allerdings schwach, berichten Dr. Drilon Haziri von der Klinik für Innere Medizin IV am Universitätsklinikum Jena und Kollegen. Die Einnahme von Probiotika gilt zwar grundsätzlich als sicher, allerdings gilt dies vermutlich nicht für Personen mit einer intestinalen Barrierestörung, vor allem bei zusätzlicher Immunschwäche. Die Autoren schildern den Fall eines Morbus-Crohn-Patienten mit begleitender HIV-Infektion.
Der 35-Jährige litt seit vier Jahren an einem fistelnden Morbus Crohn, der vorwiegend das Sigma und Colon ascendens befallen hatte. Zusätzliche perianale Fistelungen machten vor drei Jahren die Anlage eines Ileostomas erforderlich. Seit zwei Jahren erhielt der Mann Ustekinumab, berichtete aber weiterhin über eine starke Kolitisaktivität mit 8–10 blutigen Durchfällen pro Tag.
Anhaltende Entzündung endoskopisch und histologisch bestätigt
Nun kam er mit einem septischen Krankheitsbild in die Klinik, das CRP lag bei 86 mg/dl, das Calprotectin > 3000 µg/g. Die anhaltende Entzündung bestätigte sich endoskopisch und histologisch. Unter antiviraler Dreifachtherapie lag eine deutlich erniedrigte CD4-Zellzahl bei nicht nachweisbarer HIV-Viruslast vor. In der Blutkultur ließen sich verschiedene Bakterienarten der Familie Lactobacillaceae ohne Hinweise auf weitere Erreger, z.B. Zytomegalieviren oder Toxoplasmose, anzüchten.
Auf gezielte Nachfrage gab der Patient an, regelmäßig selbstgemachten Joghurt zu verzehren. Ihn stellt er durch Beigabe von Joghurtferment, das entsprechende Bakterienstämme dieser Familie enthält, zu Milch her. Eine empirische Antibiotikatherapie mit Ceftriaxon und Metronidazol schlug an, sodass der junge Mann schließlich in gutem Allgemeinzustand entlassen werden konnte.
Laktobazillus-Bakteriämien nach Probiotikaeinnahme sind gerade bei Immunschwäche keine Einzelfälle mehr, konstatieren die Wissenschaftler. Patienten mit entsprechender Suppression und chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen sollte man daher dringend von der eigenmächtigen Anwendung abraten. Da der Konsum häufig ohne das Wissen der behandelnden Ärzte erfolgt, muss eine entsprechende Aufklärung erfolgen.
Quelle: Haziri D et al. Z Gastroenterol 2021; 59: 317-320; DOI: 10.1055/a-1168-7577
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