Weiblich, jung, Bauchschmerz

Dr. Dorothea Ranft

Typische Warnzeichen sind plötzlich auftretende Schmerzen im Bauch- oder Beckenbereich, neu aufgetretene Synkopen und Schwindelanfälle sowie vaginale Hämorrhagien. Typische Warnzeichen sind plötzlich auftretende Schmerzen im Bauch- oder Beckenbereich, neu aufgetretene Synkopen und Schwindelanfälle sowie vaginale Hämorrhagien. © iStock/Moyo Studio

Bei Frauen im gebärfähigen Alter, die mit rechtsseitigem Bauchschmerz vorstellig werden, stehen gleich mehrere heikle Erkrankungen im Raum. Da sind schnelle, aber sorgsame Entscheidungen gefragt. Muss die Patientin in die Klinik? Oder kann man sie doch selbst behandeln?

Es ist eine Situation, die so oder ähnlich regelmäßig in der Praxis vorkommt: Eine 23-jährige Patientin klagt über rechtsseitige Bauchschmerzen, die bereits 24 Stunden anhalten, dazu über Übelkeit und Diarrhö. Bei dieser Konstellation sind mit Appendizitis, ­ektoper Schwangerschaft und ­Morbus ­Crohn zumindest drei brisante Diagnosen in Erwägung zu ziehen, schreiben ­Molly ­Borthwick von ­Queensland ­Health in ­Brisbane und ihre Kollegen.

Appendizitis

An erster Stelle steht die akute Appendizitis, die sich in der Regel klinisch diagnostizieren lässt. Typisch ist ein Bauchschmerz, der vom zentralen Abdomen in den rechten unteren Quadranten wandert und vom Patienten oft als stechend geschildert wird. Die Beschwerden verschlimmern sich bei bestimmten Bewegungen wie dem Fahren mit dem Auto über eine Bodenschwelle und können mit Nausea und Appetitlosigkeit verbunden sein. Die Körpertemperatur ist zu Beginn der Beschwerden meist normal, allenfalls leicht erhöht. Fieber (> 38,3 °C) weist auf eine fortgeschrittene Entzündung mit Perforation hin, kann aber auch Folge einer Pyelonephritis sein.

Als Zeichen der peritonealen Reizung fällt beim Blinddarmpatienten oft ein Loslassschmerz auf sowie eine Klopfdolenz im rechten unteren Quadranten. Typisch ist zudem eine Druckempfindlichkeit am McBurney-­Punkt. Dieser befindet sich zwischen den beiden lateralen Dritteln einer gedachten Verbindungslinie zwischen der rechten ­Spina ­iliaca ­anterior ­superior und dem Bauchnabel.

Ektope Schwangerschaft

Die wohl gefährlichste gynäkologische Ursache für peritoneale Reizung und Entzündung ist die rupturierte ektope Schwangerschaft. Sie kann innerhalb kurzer Zeit zu massivem Blutverlust mit kritischer Verschlechterung führen, die aufgrund der hohen Kompensationsfähigkeit mancher Frauen oft erst spät erkannt wird. Typische Warnzeichen sind plötzlich auftretende Schmerzen im Bauch- oder Beckenbereich, neu aufgetretene Synkopen und Schwindelanfälle sowie vaginale Hämorrhagien. Zu den Risikofaktoren zählen eine vorbekannte Extrauteringravidität und pelvine Entzündungen. Gefährdet sind insbesondere Frauen, die mit einem Intrauterinpessar verhüten oder im Beckenbereich operiert wurden.

Zum Ausschluss einer Schwangerschaft empfehlen die Autoren einen Urintest auf beta-hCG*. Mit einer Rate zwischen 0,3 % und 1,6 % sind falsch-negative Resultate möglich, aber selten. Hämodynamisch instabile Patientinnen sollten notfallmäßig gynäkologisch versorgt werden.

Ein weiterer Anlass für eine sofortige Laparoskopie ist die akute Ovarialtorsion. Denn diese ist mit einem Risiko für Isch­ämie und Unfruchtbarkeit verbunden. Anamnestisch bekannte Eierstockzysten stützen die Diagnose einer Stieldrehung. Betroffene klagen oft über kolikartige Schmerzen mit oder ohne Erbrechen. Ein schubförmig remittierender Verlauf ist möglich und erfordert die gynäkologische Abklärung.

Frauen mit inflammatorischer Erkrankung im Bereich des kleinen Beckens haben oft Fieber und vaginalen Ausfluss und berichten von einer vorangegangenen sexuell übertragbaren Erkrankung. Ein begleitender Tuboovarialabszess kann Sepsis und Peritonismus auslösen. Unkomplizierte Infektionen etwa durch Chlamydien oder Gonokokken können eventuell auch in der Hausarztpraxis antibiotisch behandelt werden.

Die Basics im Blick

  • Ein septischer oder hypovolämischer Schock kann die Minderdurchblutung des Gehirns und den Verlust der Atemreflexe zur Folge haben; Schmerz oder Azidose können die Atmung beschleunigen, eine vorhergehende Opioidapplikation eine Bradypnoe verursachen.
  • Bei jungen Patientinnen mit hoher Kompensationsfähigkeit sind Tachykardie und Hypotonie mitunter Spätzeichen einer ernsten Erkrankung; ein weitgehend normaler Kreislauf schließt einen kritischen Zustand nicht aus. 
  • Bauchschmerz kann eventuell ein erstes Zeichen einer diabetischen Keto­azidose sein.
  • Schwere vaginale oder rektale Blutungen führen mitunter zu kritischen Zuständen.

Morbus Crohn

Als dritte wichtige Differenzialdia­gnose nennen die Autoren den ­Morbus ­Crohn. Denn auch diese Erkrankung manifestiert sich nicht selten primär mit rechtsseitiger Abdominalgie. Zur klassischen Trias bei ileokolischem Befall gehören chronische schleimig-wässrige und meist unblutige Diarrhöen und Gewichtsverlust sowie intermittierende kolikartige Bauchschmerzen. Letztere treten häufig insbesondere nach Mahlzeiten auf. Wichtige Hinweise auf ­einen Morbus Crohn geben extraintes­tinale Manifestationen wie orale Aphthen und kutane Veränderungen, beispielsweise ein ­Erythema ­nodosum. Glossitis und orale Ulzera zeugen von bereits eingetretener Malnutrition und Anämie. Man sollte zudem gezielt nach perianalen Symptomen und Veränderungen fragen. Bei der digitalen rektalen Untersuchung lassen sich möglicherweise Analfissuren, Ulzera, Abs­zesse oder Fisteln tasten. Als seltenere Ursache für rechtsseitige Unterbauchschmerzen kommt eine infektiöse Ileitis in Betracht, ausgelöst beispielsweise durch Yersinien oder Mycobacterium tuberculosis. Bei Patienten mit Diarrhö ist neben Auslandsreisen auch der Verzehr unzureichend gegarter Fleischprodukte zu erfragen.

* humanes Choriongonadotropin

Quelle: Borthwick M et al. BMJ 2022; 376: e068020; DOI: 10.1136/bmj-2021-068020

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Typische Warnzeichen sind plötzlich auftretende Schmerzen im Bauch- oder Beckenbereich, neu aufgetretene Synkopen und Schwindelanfälle sowie vaginale Hämorrhagien. Typische Warnzeichen sind plötzlich auftretende Schmerzen im Bauch- oder Beckenbereich, neu aufgetretene Synkopen und Schwindelanfälle sowie vaginale Hämorrhagien. © iStock/Moyo Studio