Wiederkehrende Bauchschmerzen ohne organisches Korrelat deuten auf neurologische Erkrankung

Dr. Barbara Kreutzkamp

Vor allem Sechs- bis Zwölfjährige sind von der abdominellen Migräne betroffen und sind daher meist stark in ihren alltäglichen Aktivitäten eingeschränkt. Vor allem Sechs- bis Zwölfjährige sind von der abdominellen Migräne betroffen und sind daher meist stark in ihren alltäglichen Aktivitäten eingeschränkt. © fotolia/photophonie

Jedes Kind hat mal Bauchschmerzen. Was aber, wenn dumpfe Schmerzen in der Nabelgegend episodisch wiederkehren und so stark sind, dass die Kleinen kaum mehr ihren Alltagsaktivitäten nachgehen können?

Treten episodische Bauchschmerzen bei Kindern ohne organisches Korrelat auf, wird zu selten an eine abdominelle Migräne gedacht, schrei­ben die Neurologin Dr. Heather­ Angus-Leppan­, University College London, und Kollegen. Vor allem wenn noch Photo- oder Phonophobien, Blässe, Übelkeit, Erbrechen und Appetitlosigkeit dazukommen, die Kinder aber zwischen den Episoden unauffällig und ansonsten normal entwickelt sind, liegt die Migränediagnose nahe. Bei plausiblem Diagnoseverdacht und Abwesenheit von Red Flags ist eine weitergehende Untersuchung nicht nötig.

Zu den Red Flags gehören u.a. Fieber, Poly- oder Dysurie, Galle­erbrechen, Veränderungen beim Stuhlgang oder Hinweise auf ein chronisch-persistierendes Geschehen. In diesen Fällen muss weiter abgeklärt werden. Das sollte auch bei Kindern mit einer bereits bekannten abdominellen Migräne der Fall sein, wenn die Eltern bei den aktuellen Beschwerden über eine vom üblichen Migränemuster abweichende Symptomatik berichten, so die Autoren.

Risiko für klassische Migräne im späteren Leben erhöht

Die Prävalenz der abdominellen Migräne liegt je nach Definition zwischen 2 und 9 % mit einem Peak zwischen dem sechsten und zwölften Lebensjahr. Gehäuft tritt die abdominelle Migräne v.a. zusammen mit Migräne-Kopfschmerzen, aber potenziell auch mit gutartigem paroxsymalem Schwindel, kindlichen Koliken, Raynaud-Syndrom oder Hypermobilität auf. Ob Angst, Depressionen oder psychosoziale Schwierigkeiten bei Kindern mit abdomineller Migräne häufiger als bei Gleichaltrigen vorkommen, ist bisher nicht geklärt, so die Neurologen. Lediglich Stimmungsschwankungen als Prodromalsymptome sind konsis­tent beschrieben.

Als Ursachen der abdominellen Migräne diskutieren die Wissenschaftler vaskuläre Dysregulationen und temporäre Veränderungen im ZNS, auf die der Darm empfindlich reagiert. Genaueres ist noch nicht bekannt, eine genetische Komponente gilt als wahrscheinlich. Stress, Müdigkeit, ausgelassene Mahlzeiten und Abweichungen in der täglichen Routine triggern die abdominelle Migräne.

Empfehlungen zu Triggermeidung und Einhalten eines regelmäßigen Alltags gehören dementsprechend zu den ersten Therapie- und Prophylaxemaßnahmen. Auch sollten die neurologischen Hintergründe der temporären Überempfindlichkeit als Folge einer komplexen biopsychosozialen Interaktion erläutert werden. Eine Zuweisung der Erkrankung in den psych­iatrischen Bereich („psychogene Schmerzen“) ist dagegen tunlichst zu vermeiden, fordern die Kollegen. Der Hinweis, dass die Symptome meist in den nächsten zehn Jahren verschwinden und keinerlei Einfluss auf die neurologische Entwicklung haben, erleichtert den Umgang mit den Attacken. Allerdings haben die Kinder ein erhöhtes Risiko für eine spätere klassische Migräne – so, wie sie sie oft schon von ihren Eltern kennen.

Das lindert die Attacken

In der akuten Phase helfen meistens Ruhe in einem abgedunkelten Raum, zusätzlich evtl. eine Analgesie mit 10 mg/kg KG Ibuprofen oder 15 mg/kg KG Paracetamol sowie 10 mg intranasales Sumatriptan (zugelassen ab zwölf Jahren). Kontrollierte Medikamentenstudien zeigen allerdings hohe Placeboresponderraten, was Aussagen zur Wirksamkeit der pharmakologischen Intervention limitiert.

Für die Prävention empfehlen die Autoren Pizotifen (in Deutschland nicht erhältlich), für den Einsatz anderer Prophylaktika wie Propranolol, Valproat oder Dihydroergotamin sollte ein Facharzt zurate gezogen werden. Und auch wenn es aufgrund der Symptomatik nahe liegt: Von positiven Effekten durch Nahrungsumstellungen oder Auslassdiäten ist bisher nichts bekannt.

Quelle: Angus-Leppan H et al. BMJ 2018; 360: k179

Falls Sie diesen Medizin Cartoon gerne für Ihr nicht-kommerzielles Projekt oder Ihre Arzt-Homepage nutzen möchten, ist dies möglich: Bitte nennen Sie hierzu jeweils als Copyright den Namen des jeweiligen Cartoonisten, sowie die „MedTriX GmbH“ als Quelle und verlinken Sie zu unserer Seite https://www.medical-tribune.de oder direkt zum Cartoon auf dieser Seite. Bei weiteren Fragen, melden Sie sich gerne bei uns (Kontakt).


Vor allem Sechs- bis Zwölfjährige sind von der abdominellen Migräne betroffen und sind daher meist stark in ihren alltäglichen Aktivitäten eingeschränkt. Vor allem Sechs- bis Zwölfjährige sind von der abdominellen Migräne betroffen und sind daher meist stark in ihren alltäglichen Aktivitäten eingeschränkt. © fotolia/photophonie