Akutes Abdomen Diese Schritte gilt es abzuarbeiten
Kommt ein Patient mit akuten Bauchschmerzen in die Praxis oder die Notaufnahme, sind zunächst drei Dinge wichtig: Anamnese, Anamnese, Anamnese. Das erklärte Prof. Dr. Martin Müller von der Klinik für Innere Medizin I am Universitätsklinikum Ulm. Für das Gespräch mit dem Patienten und die körperliche Untersuchung sollte man sich genügend Zeit nehmen. Besteht eine generalisierte Abwehrspannung? Ist der Schmerz eindeutig zu lokalisieren und einem Quadranten zuzuordnen? Sind die Schmerzen kolikartig, progressiv oder vernichtend? Aus Anamnese und körperlicher Untersuchung ergibt sich meist schon ein grobes, wenn auch noch unscharfes Bild, das es mit weiterer sinnvoller und vertretbarer Diagnostik zu schärfen gilt. Die große Herausforderung besteht darin, sowohl eine Über- als auch eine Unterdiagnostik zu vermeiden, so der Kollege.
Zuallererst gilt es, wichtige Differenzialdiagnosen auszuschließen. Gibt es Hinweise auf eine lebensbedrohliche extraintestinale Erkrankung wie eine Aortendissektion oder einen Hinterwandinfarkt? Vor allem bei älteren Patienten sollte man an eine Mesenterialischämie denken. Das gilt insbesondere dann, wenn kardiovaskuläre Risikofaktoren vorliegen. Charakteristisch ist ein rasches Einsetzen der Beschwerden sowie ein Latenzstadium, in dem die Patienten mitunter vollkommen beschwerdefrei sind. Konnte man diese zeitkritischen Differenzialdiagnosen ausschließen, muss man eruieren, ob Hinweise auf eine abdominelle Erkrankung vorliegen, die einer chirurgischen Intervention bedarf, sagte Prof. Müller.
Zum Labor bei akutem Abdomen gehört Folgendes:
- Blutbild/Leukozyten
- Elektrolyte
- Kreatinin, BGA inkl. Laktat (!) und Glukose
- Bilirubin, Transaminasen
- Lipase (!)
- Troponin T (!)
- Urinstatus
- Schwangerschaftstest
- CRP
Für einen Nutzen der Bestimmung des Serum-Procalcitonins gibt es zum jetzigen Zeitpunkt nicht genügend Hinweise.
Je nach Beschwerdenkonstellation kann ein EKG zur weiteren Klärung beitragen. Fast bei allen Patienten lohnt sich die Abdomensono. Moderne Geräte erreichen eine Sensitivität und Spezifität beim akuten Abdomen von je über 70 %. Eine reduzierte Sensitivität im Vergleich zur CT besteht u.a. bei akuten Gefäßkomplikationen (z.B. Aortenruptur), inneren Hernien sowie bei adipösen Patienten. Daher ist häufig zusätzlich eine Schnittbildgebung sinnvoll.
Die CT-Bildgebung hat bei akuten Bauchschmerzen eine Sensitivität von über 90 % und eine Spezifität von mehr als 80 %. Das ist zwar sehr gut, betonte Prof. Müller. Allerdings bedeute das auch, dass bei jedem zehnten Patienten die Erkrankung mittels CT nicht detektiert wird. Insbesondere in frühen Stadien einer Erkrankung (z.B. bei Appendizitis oder Cholezystitis) ist die Sensitivität eingeschränkt. In anderen Fällen wiederum entdeckt man eine Erkrankung mittels CT zu früh. Mit einer „zu früh“ detektierten akuten Pankreatitis z.B. „kann man nichts anfangen“, erklärte der Kollege. Denn im sehr frühen Stadium ist noch unklar, ob es in der Folge Organkomplikationen geben wird oder nicht.
Wichtig bei der Entscheidung für oder gegen Sonografie und/oder Schnittbildgebung sind also Indikation und Zeitpunkt. Zur CT gab der Referent noch zwei weitere Hinweise, die es zu bedenken gilt:
- Eine Notfall-CT ist auch bei eingeschränkter Nierenfunktion möglich.
- Innerhalb der letzten zehn Jahre hat sich die Strahlendosis bei der CT halbiert.
Je nach individueller klinischer Situation kann eine weitere Diagnostik (Endoskopie, Laparoskopie, Echokardiografie, konventionelles Röntgen) nötig sein.
Bei bestimmten Patienten sollte man in Hausarztpraxis oder Notaufnahme besondere Vorsicht walten lassen. Sie sind häufig bei einem Spezialisten besser aufgehoben. Dazu gehören Menschen unter Immunsuppression, Schwangere sowie geriatrische Patienten.
Quelle: Kongressbericht 129. Kongress der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin