
Bauchschmerzen, Übelkeit, Erbrechen – Panzytopenie durch Medikamentenvergiftung

Aufgrund der nicht nachlassenden Beschwerden ihrer Patientin hatten Chirurgen und Internisten schon eine ganze Batterie von Untersuchungen auffahren lassen. Sogar zwei Computertomographien waren darunter – nichts brachte Resultate, berichten Dr. Mei-Ni Belzile und ihre Kollegen vom Department of Medicine, University of Toronto.
Geschwüre im Mund deuteten auf Überdosierung
Dabei war die 40-Jährige medizinisch kein unbeschriebenes Blatt. Neben ihrer Depression und einer Angststörung litt sie an einer schweren rheumatoiden Arthritis, die mit Etanercept, Methotrexat und Folsäure behandelt wurde.
Auch bei der dritten Krankenhausaufnahme ließ sich durch körperliche Untersuchung und Labor zunächst kein pathologischer Befund feststellen. Dann aber, am zweiten Tag ihres Klinikaufenthalts, entwickelte die Patientin Geschwüre im Mund, die erneute Blutuntersuchung ergab nun eine Panzytopenie (Neutrophile 100/µl). Das brachte die Kollegen dazu, bei der Frau noch einmal gründlich anamnestisch nachzubohren.
Es stellte sich heraus, dass sie ihr Etanercept nicht mehr bezahlen konnte und es deshalb schon einen Monat lang nicht mehr gespritzt hatte. Zum Ausgleich hatte sie eigenständig die Methotrexat-Dosis von 20 auf 40 mg/Woche erhöht. Die Folsäure hatte sie einfach weggelassen, deren schützende Funktion gegen die Methotrexat-Nebenwirkungen war ihr unbekannt. Vor diesem Hintergrund schrieben die kanadischen Ärzte Bauchschmerzen, orale Ulzera und Panzytopenie schnell dem Methotrexat zu. Unter intravenöser Gabe von Folinsäure verschwanden die Beschwerden und das Blutbild normalisierte sich wieder.
Bei keinem der zahlreichen Arztkontakte und Notaufnahmen war die toxische Medikamentengeschichte der Patientin ans Licht gekommen. Es war zwar klar, welche Präparate die Frau rezeptiert bekommen hatte. Ob sie diese aber so wie verschrieben auch applizierte, wurde von keinem der Kollegen erfragt.
Ausführliche Medikamentenanamnese ist unentbehrlich
Ein großer Fehler, meint Dr. Belzile. Denn immer wieder ergeben Studien, dass Patienten ihre Medikamente nicht oder falsch einnehmen. Eine akkurate Medikamenten-Anamnese mit einfachen, nicht wertenden Fragen ist deshalb bei jeder Aufnahme ins Krankenhaus unentbehrlich und kann manch merkwürdigen Befund erklären.
Quelle: Belzile MN et al. JAMA Intern Med 2021; DOI: 10.1001/jamainternmed.2020.8863
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