
Schrecken aus der Tiefe

Seit zwei Monaten litt ein aus Eritrea stammender Mann zunehmend unter nachlassender Fitness. Bei seinem Hausarzt klagte der 22-Jährige zudem über krampfartige Bauchschmerzen am Abend, die mit dünnen Stühlen einhergingen, berichtet ein Team um Dr. Ioana Foege, Kantonsspital St. Gallen. Die Schmerzen traten vor allem dann auf, wenn der Patient zuvor Schwarztee, Rotwein, Bier oder Milch getrunken hatte, und dauerten bis zu zwei Stunden an.
Der Mann war in einem guten Allgemeinzustand, die klinische Untersuchung blieb ohne Befund. Die Laborwerte zeigten einen grenzwertig erhöhten Blutzucker, aber ansonsten keine Auffälligkeiten. Die Ärzte verabreichten probatorisch Protonenpumpenhemmer, gegen die Schmerzen erhielt der Patient Metamizol, was er bei Bedarf einsetzen sollte. Allerdings blieben die abdominellen Beschwerden weiterhin bestehen.
Daraufhin vermuteten die Mediziner eine Nahrungsmittelunverträglichkeit und überwiesen den Fall an gastroenterologische Kollegen. Diese führten eine Ösophagogastroduodenoskopie durch, die keine Hinweise auf Laktoseintoleranz, Zöliakie, einen Morbus Whipple oder eine Lambliasis lieferte. In der Ileo-Koloskopie hingegen zeigten sich kleine, punktförmige Entzündungsläsionen im terminalen Ileum und im Bereich des Zökums.
Die histologische Untersuchung entlarvte den Übeltäter schließlich: In den Gewebeproben fanden die Gastroenterologen neben einer akuten Entzündung mit einer hohen Zahl an eosinophilen Granulozyten bis zu 150 µm große, parasitäre Organismen. Diese ließen die Ärzte an Schistosoma-Eier denken. In den Magenbiopsaten wiesen sie eine chronisch aktive Helicobacter-pylori-Gastritis nach, jedoch keine Parasiten. Ein weiteres Puzzleteil lieferte eine Stuhlprobe, in der sich Eier von Schistosoma mansoni fanden.
Unter der Therapie besserten sich die Beschwerden rasch
Mittels ELISA ließen sich keine Antikörper gegen den Erreger nachweisen, wohl aber mit dem Immunfluoreszenz-Antikörper-Test: Der IgG-Antikörper-Titer lag bei 1:1.280 (Referenz: < 1:20). Somit konnten die Ärzte die Diagnose einer intestinalen Schistosomiasis sichern und die Therapie beginnen. Nach Ausschluss einer Zystizerkose verabreichten sie dem Mann unter Kontrolle des Kaliumwerts und der Transaminasen 60 mg/kgKG Praziquantel in zwei oralen Dosen (Tag 0 und Tag 30). Der Mann vertrug die Behandlung gut und berichtete nach der zweiten Dosis rasch über eine deutliche Verbesserung seiner abdominellen Beschwerden. In den Verlaufsuntersuchungen war der Erreger in den Stuhlproben nicht mehr nachweisbar.
Gewöhnlich infizieren sich Personen aus einem Endemiegebiet im Kindesalter mit den Zerkarien von Schistosoma, etwa durch Schwimmen oder andere Aktivitäten in Süßgewässern, schreiben die Schweizer Kollegen. Manifest wird die Erkrankung dann meist im jungen Erwachsenenalter. Dennoch wird sie im Praxisalltag oft nicht erkannt, weil die Laborwerte meist unauffällig sind. Klagen Patienten aus einem Endemiegebiet über abdominelle Beschwerden und dünnen Stuhl, sollten Ärzte daher auch immer an eine intestinale Schistosomiasis denken, so der Rat der Autoren.
Quelle: Foege IA et al. Swiss Med Forum 2024; 24: 57-59; DOI: 10.4414/smf.2024.1150375059
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