
Bei rezidivierender Urtikaria auch an Parasiten denken

Bei einer Urtikaria rätselt man nicht selten herum, welcher primäre Auslöser dafür verantwortlich sein könnte – und oft genug lässt er sich nicht so einfach bestimmen. Häufig wird die Behandlung dann rein symptomatisch mit Kortikosteroiden und Histamin-1-Rezeptor-Blockern begonnen. Dass das aber nicht unbedingt ausreicht, zeigt ein Fallbericht aus der Schweiz.
Diplom-Mediziner Andreas Schweighauser und Dr. Walter Kistler von der Klinik für Innere Medizin am Spital Davos beschreiben einen 36-jährigen Küchenmitarbeiter, der wegen einer juckenden, generalisierten Urtikaria am Oberkörper, beiden Armen und Beinen in die Notaufnahme der Klinik kam. Der junge Mann stammte aus Eritrea und sprach nur wenig Deutsch, sodass sich die Anamnese eher kompliziert gestaltete. Den Beginn der Beschwerden und eventuelle Auslöser des Hautbefundes konnten die Kollegen daher nicht herausfinden.
Abdominaler Druckschmerz, aber keine Abwehrspannung
Insgesamt befand sich der Kranke in einem guten Allgemeinzustand, es zeigte sich keine Dyspnoe. Die Vitalparameter und sonstigen körperlichen Untersuchungsbefunde waren unauffällig – bis auf einen diffusen abdominalen Druckschmerz. Eine Abwehrspannung lag jedoch nicht vor, und auch die Darmgeräusche waren normal. Das Labor half zunächst nicht weiter: Elektrolyte und Nierenfunktion befanden sich im Normbereich und es ließen sich keine Zeichen eines Infekts nachweisen.
Wegen des Verdachts auf eine anaphylaktische Reaktion verabreichten die Mediziner erst einmal Methylprednisolon und Clemastin intravenös. Unter der weiteren Überwachung gingen die Quaddeln deutlich zurück und der Patient durfte wieder nach Hause.
Diese Besserung hielt aber nicht lange an: Noch am Abend des gleichen Tages suchte der Betroffene erneut das Krankenhaus auf. Die Urtikaria hatte bis dahin wieder zugenommen und betraf nun den ganzen Körper, dazu entwickelte sich erneut ein starker Pruritus. Zunächst wiederholten die Kliniker die vorherige Medikation und versuchten sich nochmals an einer ausführlichen Anamnese.
Jetzt gab der Kranke intermittierende, nachts auftretende Bauchschmerzen an, die Stuhlgewohnheiten seien aber unverändert. Die Schweizer entschieden sich für eine stationäre Aufnahme und weitere Tests.
Am nächsten Tag verbesserte sich die Urtikaria erst, dann kam es aber erneut zu einem generalisierten Quaddelschub. Inzwischen zeigte das Labor eine Leukozytose von 17.000/µl, ohne Eosinophilie. Leberwerte, TSH und Tryptase (als Mediator für eine Mastzellaktivierung) befanden sich im Normbereich.
Die Untersuchung einer Stuhlprobe löste schließlich das Rätsel: Die Labormediziner wiesen Blastocystis hominis nach, einen fakultativ pathogenen, streng anaeroben Parasiten. Daraufhin erhielt der Patient sechs Tage lang dreimal täglich 500 mg Metronidazol. Mit Erfolg: In den zwei folgenden Monaten blieben weitere Rezidive aus.
Zwar ist die Ursache einer akuten Urtikaria im Allgemeinen weit weniger exotisch und umfasst vor allem Infekte und allergische Reaktionen. Dieser Fall jedoch verdeutliche, wie wichtig es bei der Differenzialdiagnose eines rezidivierenden bzw. chronischen Verlaufs sei, auch an eine Parasiteninfektion zu denken, betonen die Autoren. Vor allem wenn, wie hier, der Patient einen Migrationshintergrund aufweise.
Quelle: Schweighauer A, Kisterl W. Swiss Medical Forum 2022; DOI: 10.4414/SMF.2021.10056
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