Notfalls geht es auch ganz ohne Mastzellen

Dr. Anja Braunwarth

Mastzellen bewahren Mäuse beispielsweise vor Wundinfektionen und steigern die Widerstandskraft gegenüber Vergiftungen. Mastzellen bewahren Mäuse beispielsweise vor Wundinfektionen und steigern die Widerstandskraft gegenüber Vergiftungen. © Science Photo Library/Fawcett, Don W.

Eine der wichtigsten mastzellvermittelten Krankheiten ist die chronisch spontane Urtikaria. Mit verschiedenen zielgerichteten Ansätzen lassen sich die Mastozyten inzwischen recht gut unter Kontrolle bringen. 

Die meisten Mastzellen im Bereich der Haut gibt es am Kopf, dicht gefolgt von Händen und Füßen. Etwas weniger finden sich an Armen/Beinen und dem Stamm. „Wenn sie aktiviert wird, macht sie bumm“, so charakterisierte Prof. Dr. Marcus Maurer vom Institut für Allergieforschung der Charité – Universitätsmedizin Berlin die Mastzelle in Kurzform. „Keine Zelle hat mehr Rezeptoren“, betonte der Kollege. Sie kann eine Unmenge an Substanzen freisetzen, darunter durchaus nützliche. „Wir können nicht mit ihr und nicht ohne sie leben.“ 

Mastzellen haben durchaus positive Effekte: Sie bewahren Mäuse beispielsweise vor einer bakteriellen Sepsis und vor Wundinfektionen, Außerdem steigern sie die Widerstandskraft gegenüber Vergiftungen – ein Effekt, der sich in vitro auch mit der Tryptase aus menschlichen Mastzellen erzielen ließ. 

Autoallergie oder ein autoimmunes Geschehen?

Nach diesem kleinen Exkurs zu den günstigen Eigenschaften widmete sich Prof. Maurer der wohl bekanntesten mastzellabhängigen Krankheit: der Urtikaria. Bei der chronisch-spontanen Urtikaria (CSU) kann es sich um eine Autoallergie oder ein autoimmunes Geschehen handeln. Bei Ersterer fungiert als relevantes Autoantigen die thyroidale Peroxidase (TPO), gegen die IgE gebildet wird. Gegen diese Form der Urtikaria ist Omalizumab hocheffekiv. Bei der autoimmunen CSU finden sich IgG-Autoantikörper. In diesen Fällen wirken weder Antihistaminika noch Omalizumab besonders gut, die Therapie erfolgt mit Ciclosporin oder dem Bruton-Tyrosinkinase-Hemmer  (BTK-Hemmer) Fenebrutinib

Generell gilt laut Prof. Maurer: „Man muss so lange behandeln, bis die Erkrankung weg ist.“Inzwischen gewinnen dabei maßgeschneiderte Therapien, die sich gegen die Mastzelle richten, immer mehr an Bedeutung, geeignet sind vier Ansätze

  • Inhibieren der Mediatoren (Histamin, IL-13, IL-4, IL-17/23)
  • Hemmen der Aktivierung
  • Ruhigstellen der Zellen
  • Elimination der Zellen

Zur Inhibierung von Mediatoren hat sich z.B. der IL-4/13-Rezeptorblocker Dupilumab bewährt. Er reduziert das IgE über 24 Wochen deutlich. Zur Hemmung der Mastzellaktivierung kann man das thymic stromal lymphopoietin (TSLP) anpeilen, das dabei hilft, die Mastzelle mobil zu machen. Gegen das TSLP richtet sich der Antikörper Tezepelumab. Bei Anti-IgE-naiven Personen ließ sich damit ein anhaltender Erfolg erzielen – auch nach dem Absetzen. „Wahrscheinlich haben wir damit die erste krankheitsmodifizierende Therapie“, erklärte der Allergologe. Auch die BTK-Hemmer Remibrutinib und Rilzabrutinib behindern die Zellaktivierung z.B. über FceRI und zeigten in Studien bei der CSU eine gute Wirksamkeit. Versuche zur Stilllegung von Mastozyten laufen mit Antikörpern, die sich gegen den Rezeptor Siglec richten, laut Prof. Maurer „ein toller Ansatz“. 

Depletion von Mastzellen über einen Antikörper

Mastzellen exprimieren die Rezeptor-Tyrosinkinase KIT. Für die Zellfunktion unerlässlich ist die Bindung des KIT an den Stammzellfaktor (SCF). Der Antikörper Barzolvolimab agiert spezifisch gegen KIT und verhindert diese Bindung. Das führt etwa vier Wochen nach der Injektion zur Depletion der Mastzellen. Erfolge erzielte man mit dieser Methode bei der chronisch-induzierbaren Urtikaria. An Nebenwirkungen nannte Prof. Maurer u.a. die Weißfärbung von Haaren und Geschmacksveränderungen. Sie beruhen darauf, dass die KIT nicht mastzellspezifisch ist, sondern z.B. auch eine Rolle bei der Pigmentierung der Haut und dem Geschmackssinn spielt.

Quelle: Kongressbericht Allergologie im Kloster 2024

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Mastzellen bewahren Mäuse beispielsweise vor Wundinfektionen und steigern die Widerstandskraft gegenüber Vergiftungen. Mastzellen bewahren Mäuse beispielsweise vor Wundinfektionen und steigern die Widerstandskraft gegenüber Vergiftungen. © Science Photo Library/Fawcett, Don W.