Mastzellen: Primäre und sekundäre Funktionsstörungen machen den Patienten zu schaffen

Dr. Barbara Kreutzkamp/Dr. Sascha Bock

Funktionieren sie nicht, haben es die kleinen Zellen wirklich in sich. Funktionieren sie nicht, haben es die kleinen Zellen wirklich in sich. © iStock.com/luismmolina

Mastzellen sind an weit mehr beteiligt als nur an Anaphylaxien. Die Symptome einer Dysfunktion reichen von abdominellen bis ZNS-Beschwerden. Und vielleicht spielen die Zellen bei einigen Erkrankungen eine wichtigere Rolle als bislang angenommen.

Mastzellen begleiten Lebewesen seit rund 500 Millionen Jahren – anfangs, um sie vor Bakterien und Parasiten zu schützen. Im Laufe der Zeit haben sich die nicht-proliferierenden, langlebigen und sesshaften Bindegewebszellen aber viel mehr Funktionen angeeignet. Neben der umfangreichen Rolle bei der Immunabwehr mischen sie auch bei Wundheilung und Gerinnung mit, schreibt das Forscherteam um Dr. Peter Arkwright vom Royal Manchester Children’s Hospital in Manchester.

Zytokinvermittelt lassen sich Mastzellen z.B. in der Haut oder im Magen-Darm-Trakt nieder. Werden sie aktiviert, schütten sie eine Vielzahl an Mediatoren aus, darunter Histamin, Tryptase, Prostaglandine, Interleukine und den plättchenaktivierenden Faktor. Beim Menschen unterscheidet man zwei Arten von reifen Zellen: Die einen bilden vor allem Tryptase, Chymase, Carboxypeptidase und Cathepsin und finden sich besonders in Haut und Bindegewebe. Die anderen konzentrieren sich auf die Tryptase als einzige Serinprotease und sind vorwiegend im Lungenparenchym und im Darm anzutreffen.

Zellklone degranulieren deutlich leichter

Bekannteste (sekundäre) Mastzell-Dysfunktion ist IgE-vermittelte Soforttypreaktion bis hin zur Anaphylaxie. Die „Pannen“ umfassen aber deutlich mehr Pathologien. Zu den primären Erkrankungen gehört die Mastozytose (s. Kasten). Ihr liegt eine i.d.R. sporadische Mutation in einem Wachstumsfaktor-Rezeptor zugrunde. Daraus folgt eine klonale Zellproliferation mit leichterer Anfälligkeit zur Degranulation.

Kleine vs. große Mastozytose

Bei Kindern überwiegt die kutane Mastozytose bzw. eine Urticaria pigmentosa. Diese ist gekennzeichnet durch rötlich bis braun pigmentierte Flecken. Reiben oder Baden (Temperaturwechsel) induzieren eine urtikarielle Reaktion. Die systemische Mastozytose betrifft eher Erwachsene und präsentiert sich mit: erhöhter Serum-Tryptase, Flush, abdominellen Schmerzen und Diarrhö, Muskelschmerzen, Osteoporose, episodischen Blutdruckabfällen sowie neurologischen und psychiatrischen Auffälligkeiten.

Die Autoren empfehlen, auch Erwachsene mit Insektengiftallergie auf eine Mastozytose zu testen. Insbesondere bei Patienten, die auf einen Stich mit Blutdruckabfall und Synkope reagieren – oder wenn nach einer Immuntherapie erneut Anaphylaxien auftreten –, könnte die Erkrankung zusätzlich vorliegen. Selten (< 1 %) präsentiert sich eine systemische Mas­tozystose auch als Mastzell-Sarkom oder -Leukämie. Oft liegen dann weitere Genmutationen vor.

Sekundäre Dysfunktion bei chronischen Krankheiten

Primäre Mastzellaktivierungssyndrome gehen mit ähnlichen Symptomen wie die Mastozytose einher. U.a. können Flush, Urtikaria, abdominelle Schmerzen, Muskelschmerzen oder psychiatrische Beschwerden auftreten. Eine übermäßige Degranulation der Zellen bedingt die Beschwerden. In vielen Fällen existieren wohl Duplikationen des α-Tryptase-Gens mit konsekutiv erhöhten Spiegeln. Entsprechend gilt die Bestimmung der Serum-Tryptase als simple Screening-Methode. Sekundäre Mastzell-Dysfunktionen sind ein oft wenig berücksichtigtes Merkmal mancher chronischer Erkrankungen, so die Autoren. An Beispielen nennen sie:
  • chronisch entzündliche Darmerkungen: Mastzellen finden sich besonders in von Colitis ulcerosa befallenen Regionen
  • Asthma: Mastzellen infiltrieren die glatte Bronchialmuskulatur und das alveoläre Parenchym
  • chronisch spontane Urtikaria
Aktuell erforscht wird zudem die Bedeutung von Mastzellen bei Neo­vaskularisation und Gefäß-Remodeling, z.B. im Rahmen von Atherosklerose oder Karzinomen. Zudem scheint eine Dysfunktion auch bei der Frühgeborenen-Retinopathie, der bronchopulmonalen Dysplasie und sogar dem plötzlichen Kindstod eine Rolle zu spielen.

Quelle: Wilcock A et al. Allergy 2018; online first

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Funktionieren sie nicht, haben es die kleinen Zellen wirklich in sich. Funktionieren sie nicht, haben es die kleinen Zellen wirklich in sich. © iStock.com/luismmolina