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Modediagnose „Ich habe ein Mastzell-Aktivierungssyndrom“

Autor: Maria Weiß

Nur bei 2 von 79 untersuchten Patienten kam es zu einem für die Diagnose erforderlichen Anstieg der Tryptase nach einer Episode. Nur bei 2 von 79 untersuchten Patienten kam es zu einem für die Diagnose erforderlichen Anstieg der Tryptase nach einer Episode. © iStock/ Kchanchit Khirisutchalual
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Immer mehr Patienten glauben, an einem idiopathi- schen Mastzell-Aktivierungssyndrom (MCAS) zu leiden. Oft beruht der Verdacht aber nur auf unspezifischen Symptomen, die keiner anderen Krankheit zugeordnet werden können, schreiben Dr. Thomas Buttgereit vom Institut für Allergologie der Charité – Universitätsmedizin Berlin und Kollegen.

Um die Diagnose zu stellen müssen aber drei Kriterien erfüllt sein:

  • Episoden von durch Mastzellen verursachten Symptomen in mindestens zwei Organsystemen ohne Nachweis einer klonalen Mastzellexpansion oder definierter Trigger
  • episodischer Anstieg der von Mastzellen freigesetzten Tryptase um > 20 % + 2 ng/ml ausgehend vom Basiswert
  • Ansprechen auf Therapien, die auf Mastzellen zielen

Um zu prüfen, wie oft tatsächlich ein idiopathisches MACS vorliegt, untersuchten die Allergologen 100 Patienten mit entsprechender Verdachtsdiagnose. In 53 % der Fälle hatten die überwiegend weiblichen Patienten (80 %) die Diagnose selbst gestellt. Insgesamt nannten sie 87 verschiedene Symptome, wobei Fatigue, muskuloskelettale Schmerzen oder Schwäche, abdominelle Schmerzen, Pruritus und Diarrhö
dominierten. Die Krankheitsaktivität und die damit verbundenen Einschränkungen schätzten sie als sehr hoch ein.

Nur bei 2 von 79 untersuchten Patienten kam es zu einem für die Diagnose erforderlichen Anstieg der Tryptase nach einer Episode. Die basalen Tryptasewerte lagen in 95 % der Fälle im Normbereich.

83 Patienten erhielten probatorisch eine gegen Mastzellen gerichtete Therapie in Form von hochdosierten H1- oder H2-Antihistaminika, Montelukast oder Cromoglicinsäure. Nur 5 % reagierten darauf mit einer vollständigen Remission ihrer Symptome. Letztlich konnten die Allergologen aber nur bei 2 % die Verdachtsdiagnose bestätigen.

Sind die Diagnosekriterien zu eng gefasst?

Bei jeweils 23 Patienten wurde eine Depression oder eine Angststörung festgestellt. 65 wiesen erhöhte Werte auf der Hospital Anxiety and Depression Scale (HADS) auf, was mit den krankheitsbedingten Einschränkungen assoziiert war. Unter was die Patienten nun tatsächlich leiden, müsste Gegenstand weiterer Forschung sein, schreiben die Autoren. Denkbar wäre, dass die Diagnosekriterien für ein idiopathisches MACS zu stringent sind, sodass nach zuverlässigeren Markern gesucht werden sollte.

Quelle: Buttgereit T et al. Allergy 2022;  DOI: 10.1111/all.15304